Am 3. Mai 2019 wurde hier über die Geschäfte von Datenhändler berichtet, die über die Jobbörse der Bundesagentur für Arbeit sensible Daten von Arbeitsuchenden wie Zeugnisse, Lebensläufe usw. abgreifen und diese zu Geld machen, in dem sie die Daten an andere Unternehmen wie beispielsweise Leiharbeitsfirmen weiterverkaufen: Die Jobbörse der Bundesagentur für Arbeit als beitragsfinanzierter Steinbruch für Raubritter des modernen Datenhandels. Nun erfahren wir von einer ersten Reaktion der Bundesagentur für Arbeit (BA): Arbeitsagentur sperrt Datenhändler, so ist der Beitrag von Judith Brosel und Nick Schader vom SWR überschrieben: »Nach SWR-Berichten über systematischen Missbrauch der Online-Jobbörse hat die Bundesagentur für Arbeit jetzt reagiert: Einer der großen Datenhändler wurde gesperrt. Andere sind aber immer noch aktiv.«
»Die Bundesagentur für Arbeit hat … einen der großen Anbieter gesperrt. Nach eigenen Angaben habe man die gefälschten Stellenanzeigen gelöscht.
Die Arbeitsagentur kündigte außerdem an, rechtliche Maßnahmen gegen den Datenhändler zu prüfen und die Nutzungsbedingungen der Jobbörse zu verschärfen. Zudem werde man in Zukunft Anbieter, die eine hohe Zahl an Jobangeboten einstellen, genauer prüfen, „um bei kriminellen Vorhaben schneller agieren zu können“, so die Agentur.«
Aber offensichtlich ist das nur ein absolut notwendiger erster Schritt der BA: »Mindestens ein weiterer großer Datenhändler ist den Recherchen des SWR zufolge nach wie vor aktiv und veröffentlicht pro Tag bis zu 500 neue Stellenanzeigen auf der Jobbörse der Bundesagentur. Auch dieser Datenhändler aus Berlin hatte den verdeckten Reportern den Kauf von Bewerberdaten angeboten, ebenso wie Johann S., dessen vermeintliche Firmen jetzt gesperrt wurde.«
Eine Sprecherin der Bundesagentur sagte, dass erst die Recherchen des SWR den Nachweis gebracht hätten, dass hier mit Daten gehandelt wird. Das ist offensichtlich eine Schutzbehauptung, denn so die SWR-Rechercheergebnisse:
»Nach Dokumenten, die dem SWR vorliegen, hat die Bundesagentur für Arbeit allerdings schon mehrfach Hinweise von Jobsuchenden erhalten, dass hinter vielen vermeintlichen Jobangeboten unseriöse Datenhändler stecken.
So wurde die Bundesagentur für Arbeit spätestens im Oktober 2018 über Johann S. und seine Firmen informiert. Dennoch konnte dieser bis vor wenigen Tagen scheinbar ungestört täglich bis zu 3000 Stellenanzeigen in der Jobbörse veröffentlichen, um die so gewonnenen Bewerberdaten weiterzuverkaufen.
Aus weiteren Dokumenten geht hervor, dass Sachbearbeiter der Bundesagentur die Datensammler sogar als potenziellen Arbeitgeber empfohlen haben.
Demnach wurde unter anderem ein Arbeitssuchender in München von seinem Sachbearbeiter auf eine vermeintliche Stellenausschreibung der Firma „ACS“ hingewiesen mit dem Zusatz: „Bewerben Sie sich bitte umgehend per Mail.“ Als Ansprechpartner wurde dem Arbeitssuchenden Johann S. genannt, der Datenhändler aus Berlin.«
Da bleibt offensichtlich noch eine Menge zu tun – und wenn die BA ankündigt, „die Nutzungsbedingungen der Jobbörse zu verschärfen“, dann fragt man sich als Beobachter schon, ob denn die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) nur für die kleinen Fische wie Sportvereine oder Blogger gilt. Denn die DSGVO schreibt doch eindeutig vor, dass man die Daten der Nutzer zu schützen hat und man verantwortlich ist für alles, was auf der eigenen Seite dahingehend passiert.
Bis diese grundsätzlichen Fragen datenschutzrechtlich und mit entsprechenden Konsequenzen für die Behörde verbunden entschieden werden, sei hier vor dem Hintergrund, dass gut die Hälfte aller tatsächlichen oder Fake-Stellenangebote nicht in Betreuung der Arbeitsagentur eingestellt worden ist, erneut auf eine für die Benutzer der Jobbörse bedeutsame Minimalforderung an die BA erinnert, die in dem Beitrag vom 3. Mai 2019 bereits formuliert wurde:
➔ Für die betroffenen Arbeitslosen und Arbeitsuchenden muss Transparenz hergestellt werden. Wenn sie eine Stellenanzeige aufrufen, müssen sie einen Hinweis bekommen dass das Jobangebot von der BA betreut wird – oder eben nicht, dass es sich also um ein eigenverantwortlich von den tatsächlichen oder vermeintlichen Arbeitgebern eingestelltes Angebot handelt. Das eben auch ein Fake-Job sein kann.