Das Sommerloch ist doch nicht in der deutschen Hitze ausgetrocknet. Einige Anmerkungen zur Diskussion über eine allgemeine Dienstpflicht

Darauf kann man sich doch verlassen – das Sommerloch mit seinen ganz eigenen Themen. Wenn es auch in diesem Jahr bis vor wenigen Tagen die Befürchtung gab, angesichts der außergewöhnlichen Hitze in Deutschland sind sogar die üblichen Akteuere der Sommerloch-Aufführungen in einem Zustand der Nicht-Aktivität gefangen. Aber dann kam AKK. Also Annegret Kramp-Karrenbauer, die Generalsekretärin der Merkel-CDU. Und wir nehmen zur Kenntnis: Die Serengeti lebt. Endlich ein Thema, mit dem man die Medien und zahlreiche noch profilierungsbedürftige Politiker beschäftigen sowie die üblichen Abwehr- und Beißreflexe auslösen und miteinander spielen lassen kann.

Die CDU-Generalin hat einen nicht ganz taufrischen Vorschlag in die politische Debatte eingespeist: eine allgemeine Dienstpflicht für Männer und Frauen. »Seit Tagen produziert das Thema Schlagzeilen und Fernsehbeiträge. Abgesehen von der Vereinigung ostdeutscher Bahnradfahrer und dem Asterix-Fanclub Nordfranken hat inzwischen fast jeder seinen Kommentar abgegeben. Erleichtert wurde das dadurch, dass die CSU-Führung im Streit über die Asylpolitik gerade auf Standby geschaltet hat«, so die Einordnung von Eckart Lohse in der FAZ unter der Überschrift Beifall von der richtigen Seite. Sein Beitrag verdeutlicht, um was es sich bei dem Vorschlag zuerst einmal handelt: um ein Spielzeug für die teilweise und seit Jahren geschundene Seele der Nicht-Merkel-Fans in der Union, die ja nun auch wirklich einiges aus ihrem traditionellen Wohnzimmer ausräumen mussten.

»Kramp-Karrenbauer hat sich gut erkennbar ein Thema gesucht, das ein großer Hut sein soll, unter den manches zu kurz gekommene Anliegen jener Unionspolitiker und -wähler passt, die nicht im Verdacht stehen, ein Bild von Angela Merkel auf ihrem Nachttisch stehen zu haben«, schreibt Lohse. »Die Aussetzung der Wehrpflicht hat viele Konservative in der Union enttäuscht. CDU-Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer hat die Botschaft erkannt – und treibt eine neue Debatte voran. Ein kluger Vorstoß, in vielerlei Hinsicht«, kommentiert ein anderer FAZ-Redakteur, Markus Werner, unter der Überschrift Kramp-Karrenbauers geschicktes Angebot: »Sie macht mit ihrem Vorstoß den eher traditionell orientierten Anhängern der CDU ein Angebot … Und sie beschert ihrer thematisch ausgezehrten Partei ein gesellschaftliches Großthema … Nicht zuletzt kann die vormalige saarländische Ministerpräsidentin so der Partei das Wasser abzugraben versuchen, die sich bisher als einzige für die Wiedereinführung der Wehrpflicht stark macht und damit auch einem Teil der Unionswähler aus der Seele spricht: der AfD.«

Nun könnte man das also als ein parteitaktisch motiviertes Stöckchen, über das alle mal springen dürfen, abbuchen und sich anderen Themen widmen, aber der Gedanke einer allgemeinen Dienstpflicht für junge Menschen scheint einen eigenen inneren Reiz zu haben, in die eine oder andere Richtung. Das streut dann auch Eckart Lohse in seinen Artikel en passant ein – mit einer Formulierung, die nun wieder geeignet ist, mindestens Kopfschütteln, wenn nicht mehr zu generieren:

»Die Forderung nach einer Dienstpflicht kann zum einen die erst vor sieben Jahren abgeschaffte Wehrpflicht beinhalten, aber viel allgemeiner den Gedanken, dass der einzelne, vor allem der junge Mensch, nicht nur Nutznießer eines immer stärker auf Ökonomisierung und Individualisierung ausgerichteten, weitgehend anonymen Staates ist, sondern Teil eines Gemeinwesens, dem er ruhig mal eine Weile dienen kann. Pflicht und Recht, so hatte es Kramp-Karrenbauer schon vor ihrem jüngsten Vorstoß gesagt, müssten wieder ins Gleichgewicht gebracht werden.«

Da muss man schon schlucken und an sich halten. „Ökonomisierung“ und „Individualisierung“ – wer hat denn die vorangetrieben? So etwas von Politikern, die ansonsten den Turbo-Lebensläufen zur schnellstmöglichen Subsumtion unter der Anforderungen des Erwerbsarbeitsmarktes nicht nur das Wort reden, sondern durch zahlreichen politische Entscheidungen auch vorangetrieben haben, man denke hier an die Verkürzungsphantasien und -realitäten, die mit G8 oder dem Bologna-System verbunden waren. In diese Philosophie des Verwertungsbeschleunigung passte dann auch die Aussetzung (nicht Abschaffung) der Wehrpflicht und des an diese gekoppelten Zivildienstes. Die ist übrigens erst sieben Jahre alt. Dazu gleich mehr.

Wer nicht so viel lesen möchte, dem sei an dieser Stelle gleich die Botschaft einer sicheren Nicht-Realisierung des gegenwärtigen Vorschlags einer wie auch immer gearteten Reanimation der Wehrpflicht aus dem Munde eines Mannes serviert, der es wissen muss: „Mit Sicherheit wird es keine Wehrpflicht geben“, so ist das Interview mit dem ehemaligen Verteidigungsminister Volker Rühe (CDU) im Deutschlandfunk überschrieben: In der Bundeswehr gebe es gar nicht mehr die Strukturen, um die Wehrpflicht wieder einzusetzen. Die Diskussion werde im Nichts enden. »Wir hatten früher … 20.000 Offiziere und Unteroffiziere, die die Wehrpflichtigen ausgebildet haben. Die haben Sie gar nicht mehr, diese Strukturen. Und Sie würden die jetzige, neue Bundeswehr endgültig ins Chaos führen, wenn Sie versuchen würden, jetzt wieder Wehrpflichtige draufzupflanzen«, so der ehemalige Minister. »Und über eine allgemeine Dienstpflicht, 700.000 Jungen und Mädchen zwangszuverpflichten, das ist nicht nur rechtlich nicht möglich, sondern das würde weder die Probleme der Bundeswehr lösen noch die anderen.«

Man kann und muss ergänzen – in einem Land, in dem selbst der offensichtliche Investitionsbedarf angesichts einstürzender Schulbauten oder dahinsiechender alter Menschen unter Finanzierungsvorbehalt steht, wird die Debatte über eine allgemeine Dienstpflicht im Nirwana enden müssen. Man muss nur einmal grob kalkulieren, welche enormen Investitionen und damit Ausgaben in Euro erforderlich wären, um das zu realisieren. Denn es wäre ein Zwangsdienst und dafür braucht man nicht nur eine behördliche Struktur wie früher bei der „Nur“-Wehrpflicht für Männer die Kreiswehrersatzämter und spiegelbildlich für die Zivildienstleistenden, sondern es müssten hunderttausende Stellen gefunden, organisiert und betreut werden. Und man muss sich klar vor Augen führen – eine allgemeine Dienstpflicht wäre mit entsprechenden Sanktionen zu versehen, die man früher gegen die Totalverweigerer verhängt hat. Die älteren Semester werden sich noch erinnern: Gefängnis und Psychiatrisierung waren damals Realität.

Allein diese Überlegungen verdeutlichen bereits die Abgehobenheit der gegenwärtigen Debatte. Dennoch ging sofort die Diskussion los und einige Befürworter sowie zahlreiche Kritiker meldeten sich zu Wort: Von den eher positiven Stimmen seine hier drei zitiert: »Der verteidigungspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Fritz Felgentreu, sieht erhebliche rechtliche Schwierigkeiten. „Zwangsdienste sind nach europäischem Recht menschenrechtswidrig“, sagte er der Welt. Ob eine rechtskonforme Umsetzung möglich wäre, sei „völlig offen“. Er beobachtet allerdings Sympathien für die Idee „in fast allen politischen Lagern“. Dabei gehe es jedoch „weniger um das Stopfen von Personallücken als um Fragen des staatsbürgerlichen Bewusstseins und des gesellschaftlichen Zusammenhalts“. Grundsätzlich aufgeschlossen gegenüber einer Dienstpflicht zeigte sich Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU). „Eine Dienstpflicht kann dazu beitragen, sowohl die Herausforderungen im Sozialen als auch bei der Verteidigung unseres Landes besser zu bewältigen“, sagte er der Bild-Zeitung. Er regte aber eine Volksbefragung zum Thema an.« Und Bremens FDP-Fraktionschefin Lencke Steiner sagte der Bild-Zeitung: „Ich bin persönlich für ein verpflichtendes Jahr, egal ob Wehrpflicht oder soziales Jahr. Es ist wichtig, früh Verantwortung zu übernehmen und zu lernen, für andere einzustehen.“

Die Liste der Wortmeldungen der Kritiker ist lang. FDP-Chef Christian Lindner kritisierte eine Wehr- oder Dienstpflicht scharf. Auf Twitter schrieb er von „Freiheitsentzug, Volkserziehung und Verschwendung von Lebenszeit“. Und ergänzte: „Ökonomischer Unsinn und verfassungsrechtlich fragwürdig, wenn es keine Bedrohung gibt.“ Das mit dem „ökonomischen Unsinn“ haben auch andere aufgegriffen mit einer bezeichnenden Argumentation: Ökonomen warnen vor „gigantischen Effizienzverlusten“ bei Wehrdienst-Comeback: »Die Dienstpflicht würde Hunderttausende junger Menschen auf dem Arbeitsmarkt in unbeliebte Jobs spülen.« In dem Artikel wird beispielsweise Enzo Weber vom IAB der Bundesagentur für Arbeit zitiert: Er »sieht in der Dienstpflicht vor allem eine Gefahr für die Arbeitsmarktneutralität. Dieses Konzept galt schon für den 2011 abgeschafften Zivildienst und sah vor, dass Zivildienstleistende keine Jobs erledigten, die sonst andere Beschäftigte gemacht hätten. „Wenn man mit der Dienstpflicht eine ganze Kohorte, das sind rund 800.000 Menschen, in bestimmte Branchen bringen will, ist es nicht plausibel, dass das keine Effekte auf den Arbeitsmarkt hätte“, warnt Weber.« Und Hiljmar Schneider vom Forschungsinstitut zur Zukunft der Arbeit (IZA) in Bonn sorgt sich um die Unterbringung von Hunderttausenden Menschen, die nicht beim Militär dienen wollen. Sein Urteil im Gespräch mit WELT fällt entsprechend hart aus: „Ökonomisch gesehen ist das ziemlicher Unfug. Das Pflichtjahr führt dazu, dass man junge Menschen zu etwas zwingt, was sie nicht wollen – oder sogar nicht gut können. Gleichzeitig hält man sie davon ab, das zu tun, worin sie wirklich gut sind.“

Aber diese ganzen Mühen der Debatte sind verlorene Liebesmüh, wenn man davon ausgeht, dass das im Nichts verlaufen wird. Auch deshalb, weil man etwas berücksichtigen sollte, das man in der Sozialpolitik zu Genüge kennt – die „Pfadabhängigkeit“ bestimmter Entwicklungen, die dazu führt, dass eben nicht mehr alle theoretisch möglichen Optionen zur Verfügung stehen. Die ausgesetzte Wehrpflicht ist faktisch abgeschafft worden aufgrund betriebswirtschaftlicher Überlegungen und zwischenzeitlich erfolgter Umbaumaßnahmen – und hier lohnt der kurze Blick einige Jahre zurück, als man gleichsam „überfallartig“ den Systemwechsel vorgenommen hat.

Als 2010 der damalige Bundesverteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) eine Kommission einberief, die Vorschläge für eine Reform der Bundeswehr erarbeiten sollte, da bestückte er die Spitze dieser Kommission mit einem Mann, der eigentlich alle Hände voll zu tun haben sollte mit seinem Tagesgeschäft, andererseits aber als begeisterter Reservist dem Militär von Herzen zugetan ist. Zugleich aber ist dieser Mann auch bekannt als jemand, dem es scheinbar gelungen ist, eine vormals staubtrockene Beamteneinrichtung zu einem „modernen Dienstleister“ umgebaut zu haben, in dem nun ganz selbstverständlich Controlling und sonstige Werkzeuge des betriebswirtschaftlichen Zeitgeistes Einzug gehalten haben: Gemeint ist der damalige Vorsitzende des Vorstandes der Bundesagentur für Arbeit, Frank-Jürgen Weise. Er hat 2004 den glücklosen ehemaligen Sozialminister von Rheinland-Pfalz, Florian Gerster, an der Spitze der BA abgelöst.
Der im Oktober 2010 veröffentlichte Abschlussbericht der Strukturkommission der Bundeswehr atmet vollumfänglich den Geist den neuen Managerialismus, für den Weise mit seiner ausgeprägten Leidenschaft für Controlling stellvertretend steht (deshalb war es ja auch konsequent, ihn zum Vorsitzenden der Kommission zu machen). Bereits der Titel des Abschlussberichts über die Zukunft der Bundeswehr meißelt die Glaubenssätze der modernen Sprechblasen-BWL in Stein: „Vom Einsatz her denken. Konzentration, Flexibilität, Effizienz“. Wer will, kann sich das, was die Kommission damit dann verbindet, im Original-Abschlussbericht anschauen.

Für die Themenstellung hier ist diese Bundeswehr-Strukturreformkommission deshalb relevant, weil dort zum einen für eine Aussetzung der Wehrpflicht plädiert wurde (und damit parallel natürlich auch des Zivildienstes), zum anderen hat die Kommission vorgeschlagen, einen bis zu 23-monatigen Freiwilligendienst einzuführen, der allen Erwachsenen für den Dienst der Allgemeinheit offensteht. Diese Vorschläge wurden dann auch umgesetzt. Der „Bundesfreiwilligendienst“ ersetzt seit Juli 2011 den Zivildienst, der mit Abschaffung der Wehrpflicht gegenstandslos wurde. Die „Bufdis“ sollten die rund 90.000 bis dahin vorhandenen Zivi-Stellen kompensieren. Aber es gibt zwei Besonderheiten: Während der Zivildienst ein den Wehrdienst entsprechender Zwangs-Dienst für junge Männer war, richtet sich der Bundesfreiwiiligendienst als Angebot an alle: Frauen und Männer, Alte und Junge, Deutsche und Ausländer. Bis zu 24 Monate können Bundesfreiwillige in sozialen, kulturellen und ökologischen Einrichtungen, im Sport- und Integrationsbereich und im Zivil- und Katastrophenschutz mitarbeiten. Und zweitens: Am Anfang  hat der Bund aus Kostengründen die Zahl der finanzierten „Bufdi“-Stellen auf 35.000 Stellen pro Jahr gedeckelt, obgleich die Zahl der Zivi-Stellen deutlich höher lag und es insofern wenn, dann nur eine Teil-Kompensation gibt durch die Bufdi-Stellen. In den vergangenen Jahren lag die Zahl der Buftdis im Jahresdurchschnitt immer um die 40.000 (vgl. dazu genauer die Statistik-Seite mit den Jahreszahlen zum BFD). Umfangreiches Datenmaterial zum BFD gibt es auch in dieser Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Linksfraktion im Bundestag: Entwicklungen im Bundesfreiwilligendienst, Bundestags-Drucksache 19/2139 vom 15.05.2018.

In der aktuellen Debatte wird immer wieder als Alternative zu einer „allgemeinen Dienstpflicht“ eine stärkere Unterstützung der Freiwilligendienste vorgetragen, so beispielsweise von Ulrich Schneider, dem Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes: „Wir Wohlfahrtsverbände wollen keine Rückkehr zu einem Zwangsdienst, wir setzen auf Freiwilligkeit.“ Statt „Gespensterdebatten“ zu führen, müsse der Bundesfreiwilligendienst attraktiver gemacht werden, kann man diesem Artikel entnehmen: Sozialverbände lehnen Dienstpflicht ab. Auch der nordrhein-westfälische Sozialminister Karl-Josef Laumann (CDU) plädiert dafür, die Freiwilligendienste zu stärken. So könne man diese beispielsweise bei der Berufsausbildung etwa in Gesundheits- und Sozialberufen anrechnen.

Neben dem Bundesfreiwilligendienst gibt es auch noch das sozialpolitisch relevante „Freiwillige Soziale Jahr“ (FSJ). Zu den Unterschieden und Gemeinsamkeiten vgl. diese tabellarische Übersicht. Während das FSJ (und das FÖJ für den Umweltbereich) auf junge Menschen bis zum 27. Lebensjahr begrenzt ist, gibt es eine solche Altersbegrenzung beim BFD – obgleich ursprünglich als Ersatz für den Zivildienst auf den Weg gebracht – nicht. Die Dauer des BFD beträgt 6 bis 18 Monate, in Ausnahmefällen können es auch 2 Jahre sein. Während des Dienstes ist man sozialversichert und bekommt ein Taschengeld von bislang bis zu 336 Euro im Monat, 2018 steigt die Grenze auf 390 Euro. Aber: »Wie viel Taschengeld bezahlt wird, entscheidet die jeweilige Organisation selbst. Es gibt keine bundeseinheitliche Regelung. Wohl aber ist die Höhe des Taschengeldes nach oben gedeckelt. Das bedeutet, dass es einen Maximalbetrag für das monatliche Taschengeld eines Freiwilligen gibt. Mehr darf also nicht gezahlt werden – weniger schon … Den maximalen Betrag zahlt … kaum eine Organisation, die ein FSJ oder den BFD anbietet. Es ist deshalb nicht verkehrt, sich vor Abschluss eines Dienstvertrages genau zu erkundigen, was man alles als Aufwandsentschädigung erhält, insbesondere, wie hoch das Taschengeld ist.«

Es gibt Hinweise, dass der Bundesfreiwilligendienst in Regionen mit hoher bzw. verfestigter Langzeitarbeitslosigkeit als Ausweichoption im Hartz IV-Bereich genutzt wird. Dazu bereits der Beitrag Wie der amputierte „Zivildienst 2.0“ in die Fußstapfen der „Ein-Euro-Jobs 1.0“ getreten ist und was das alles mit der „Lebenslüge“ der öffentlich geförderten Beschäftigung zu tun haben könnte vom 2. November 2013.

In einem neuen Beitrag – Aus Arbeitslosigkeit in den Freiwilligendienst: Bundesregierung liegen keine Erkenntnisse vor – wird berichtet: »Mitte 2011 ersetzte der Bundesfreiwilligendienst (BFD) den Zivildienst und öffnete sich für einen breiteren Teilnehmerkreis. Seitdem befinden sich viele Ältere unter den Teilnehmenden. Dabei ist der Freiwilligendienst mit mindestens 20 Wochenstunden und einem Taschengeld von maximal 390 Euro sehr zeitintensiv und gerade bei der aktuell guten Arbeitsmarktlage auch finanziell kaum reizvoll. Vor diesem Hintergrund ist erstaunlich, dass im Juni 2018 30 Prozent aller rund 40.000 Dienstleistenden älter als 27 Jahre waren und 12 Prozent älter als 50 Jahre. Besonders auffällig: In den Neuen Bundesländern gehörten 69 Prozent der Teilnehmenden zu den Über-27-Jährigen, darunter war knapp ein Drittel der Teilnehmenden sogar älter als 50 Jahre. In Thüringen liegt der Anteil der älteren Teilnehmenden sogar bei 77 Prozent, in Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt bei 74 beziehungsweise 73 Prozent. In den neuen Bundesländern mit deutlich schwächerem Arbeitsmarkt und höheren Arbeitslosenzahlen gibt es also auch einen hohen Anteil älterer Dienstleistender, was für ein Ausweichen Arbeitsloser vom regulären Arbeitsmarkt auf den Bundesfreiwilligendienst spricht.«

Man sieht, schon die Beschäftigung mit den vorhandenen Freiwilligendiensten eröffnet komplexe Strukturen. Und dabei reden wir von 40.000 mehr oder weniger jungen Menschen im BFD und einigen weiteren tausend FSJlern. Bei einer allgemeinen Dienstpflicht würde es um ganz andere Hausnummern gehen müssen. Aber die wird ja sowieso nicht kommen. Wobei der Blick zurück in die Zeiten der Wehrpflicht und des Zivildienstes jenseits aller Verklärung eines zumindest zeigen kann: durch den Zivildienst sind viele junge Männer mit Tätigkeiten im Sozial- und Gesundheitsbereich konfrontiert worden, die der eigenen persönlichen Entwicklung durchaus was gebracht haben und vor allem, die den einen oder anderen dazu motiviert hat, eine Ausbildung und Tätigkeit in diesem Bereich aufzunehmen. Schlichtweg aufgrund des Kontakts zu diesem Arbeitsfeld über den Zivildienst. Der ist aber weg und in den Freiwilligendiensten, gerade in den sozialen Bereichen, sind die jungen Frauen überdurchschnittlich stark vertreten. Die für nicht wenige junge Männer durchaus auch konfrontative, in der Regel sicher gewinnbringende Erfahrung in der großen und weiten Welt des Gesundheits- und Sozialwesens hatte nicht zu unterschätzende persönlichkeitsentwickelnde Aspekte, deren Fehlen man heute bei dem einen oder anderen wahrnehmen kann. Aber das alles rechtfertigt keinesfalls einen allgemeinen Zwangsdienst, unabhängig von den vielen anderen Argumenten, die in diesem Beitrag auch schon erwähnt wurden. Bedauern kann man es dennoch.