Das Statistische Bundesamt hatte zu einer Pressekonferenz geladen – unter der Überschrift „Alleinerziehende in Deutschland“. Dem Auftrag der Institution entsprechend ging es dabei vor allem um viele Zahlen. Hinter denen natürlich viele Einzelschicksale stehen. Das Statistische Bundesamt schreibt im Vorwort zu der Veröffentlichung Alleinerziehende in Deutschland 2017: »Alleinerziehende Mütter und Väter stehen täglich vor besonderen Herausforderungen, da sie Erziehungsaufgaben und die Verantwortung für den Erwerb des Familieneinkommens nicht mit einem Partner oder einer Partnerin im gemeinsamen Haushalt teilen können. Umso schwieriger ist es für sie, Beruf und Familie zu vereinbaren. Dies schlägt sich unter anderem darin nieder, dass sie besonders häufig von materieller Armut bedroht sind. Die Problematik ist auch vor dem Hintergrund zu sehen, dass es sich bei den Alleinerziehenden um eine beständig wachsende Bevölkerungsgruppe handelt.«
Um welche Größenordnung es hier geht, zeigen solche Zahlen: Im Jahr 2017 lebten in Deutschland insgesamt 11,6 Millionen Familien mit ledigen Kindern, davon 2,6 Millionen Familien alleinerziehender Eltern. Betrachtet man ausschließlich Familien, in denen minderjährige Kinder leben, gab es im Jahr 2017 insgesamt 8,2 Millionen Familien, davon gut 1,5 Millionen Familien von Alleinerziehenden.
Im 20-Jahres-Vergleich ist die Gesamtzahl der Familien mit minderjährigen Kindern deutlich zurückgegangen: 1997 hatte es noch 9,4 Millionen solcher Familien gegeben. Der Rückgang betraf jedoch vor allem Ehepaare mit Kindern, deren Zahl von 7,6 Millionen auf 5,7 Millionen zurückging. Die Zahl der Alleinerziehenden nahm im Vergleichszeitraum hingegen von 1,3 Millionen auf 1,5 Millionen zu.
2017 hatte knapp jede fünfte Familie (19 %) mit mindestens einem minderjährigen Kind eine alleinerziehende Mutter oder einen alleinerziehenden Vater. Dabei sind weiterhin Ost-West-Unterschiede erkennbar: Im Vergleich zum Westen gibt es nach wie vor einen erheblich größeren Anteil alleinerziehender Eltern in Ostdeutschland (einschließlich Berlin). Von 1997 bis 2017 stieg ihr Anteil von 18 % auf 25 %. Im selben Zeitraum nahm der Anteil der Alleinerziehenden mit minderjährigen Kindern auch in Westdeutschland zu, allerdings nur von 13 % auf 17 %.
In absoluten Zahlen gemessen: Die insgesamt gestiegene Zahl alleinerziehender Mütter und Väter in Deutschland ist ausschließlich auf die Entwicklung in Westdeutschland zurückzuführen. Im früheren Bundesgebiet nahm die Zahl der Alleinerziehenden von 950.000 im Jahr 1997 auf knapp 1,2 Millionen im Jahr 2017 zu. 2017 gab es in Ostdeutschland rund 390.000 Alleinerziehende; 1997 waren es 395.000 gewesen.
Sozialpolitisch besonders interessant sind solche Erkenntnisse aus dem Zahlenuniversum der Statistiker, die in einer eigenen Pressemitteilung unter der Überschrift Mehr als die Hälfte der nicht-erwerbstätigen alleinerziehenden Mütter wünscht sich Arbeit veröffentlicht wurden: »27 % der alleinerziehenden Mütter mit mindestens einem minderjährigen Kind waren 2017 ohne eine Beschäftigung. Mehr als die Hälfte (55 %) dieser nicht-erwerbstätigen alleinerziehenden Mütter war allerdings an der Aufnahme einer Arbeit interessiert. Familiäre oder persönliche Gründe wurden von ihnen am häufigsten als Hinderungsgrund angegeben.
Hinsichtlich der finanziellen Situation der Alleinerziehenden wird Georg Thiel, Präsident des Statistischen Bundesamtes (Destatis), mit diesen Worten zitiert: „Alleinerziehende und ihre Kinder sind überdurchschnittlich häufig armutsgefährdet. Finanziell stehen sie nach wie vor oftmals schlechter da als Menschen, die in anderen Familienformen leben.“. Man kann das auch an solchen Zahlen festmachen:
»Die Armutsgefährdungsquote für Personen in Alleinerziehenden-Haushalten lag 2016 bei 33 % (Bevölkerungsdurchschnitt: 16 %). Darüber hinaus hatten knapp zwei Drittel der Personen in Alleinerziehenden-Haushalten (63 %) nicht die finanziellen Mittel, unerwartete Ausgaben von knapp 1.000 Euro zu bestreiten (Bevölkerungsdurchschnitt: 30 %).«
Man findet in den Materialien des Statistischen Bundesamtes viele weitere interessante Daten.
Aus den Studien, die in den vergangenen Jahren zum Thema Alleinerziehende veröffentlicht wurden, hier nur der Hinweis auf zwei Veröffentlichungen:
Anne Lenze und Antje Funcke (2016): Alleinerziehende unter Druck. Rechtliche Rahmenbedingungen, finanzielle Lage und Reformbedarf, Gütersloh 2016
Esther Schröder (2017): Alleinerziehend – ein Kaleidoskop von Lebens- und Arbeitssituationen. Eine Befragung von alleinerziehenden erwerbsfähigen Leistungsberechtigten im Land Bremen, Bremen: Arbeitnehmerkammer Bremen, 2017