You’ re fired. Donald Trump entlässt die Überbringerin für ihn schlechter Arbeitsmarktzahlen. Und (auch) das U.S. Bureau of Labor Statistics gerät in den Mahlstrom der Zerschlagung und Zurichtung öffentlicher Institutionen

Wenn man wissen will, wie sich die Arbeitslosigkeit und die Beschäftigung in den USA entwickelt haben, dann wird man in den umfangreichen Zahlenwerken des U.S. Bureau of Labor Statistics (BLS) fündig. Und so, wie bei uns in Deutschland jeden Monat die Bundesagentur für Arbeit und auch das Statistische Bundesamt über die Arbeitsmarktentwicklung berichten, macht das Monat für Monat das BLS für die USA.

Wie am Freitag, dem 1. August 2025. Unter der Überschrift The Employment Situation – July 2025 lieferte das Amt neue Zahlen: »Total nonfarm payroll employment changed little in July (+73,000) and has shown little change since April … The unemployment rate, at 4.2 percent, also changed little in July. Employment continued to trend up in health care and in social assistance. Federal government continued to lose jobs.«

Zusammengefasst könnte man das so übersetzen: Es werden (weiterhin) wenig neue Jobs in den USA geschaffen und die (offizielle) Arbeitslosenquote stagniert, es gibt dort keinen Rückgang. Alles in allem scheint das aber keine Meldung zu sein, die zu einem Amok-Lauf des seit Januar 2025 in seiner zweiten Amtszeit regierenden Präsidenten gegen die Statistik-Behörde Anlass geben könnte. 

Besonders aufmerksam betrachten sollte man die Angaben zu „total nonfarm payroll employment“, denn das sind die Beschäftigtenzahlen (genauer gesagt: die Gesamtzahl der bezahlten Beschäftigten außerhalb bestimmter ausgeschlossener Bereiche – zu diesen nicht berücksichtigten Bereichen gehören die Beschäftigten in der Landwirtschaft, weil die stark saisonal schwanken und schwer exakt zu erfassen sind, Privathaushalte als Arbeitgeber, z. B. Nannys oder Haushaltshilfen, die direkt von Privatpersonen bezahlt werden, das Militärpersonal und bestimmte Selbstständige).

Gerade für die USA wichtig zu wissen: Gezählt werden Jobs, nicht Personen. Das bedeutet, eine Person, die zwei oder drei Jobs ausübt, wird auch zwei oder drei mal gezählt bei den Jobs.

Die Datenquelle für die Beschäftigtenzahlen ist eine monatliche Unternehmensbefragung (etwa 121.000 Unternehmen und Behörden), deren Ergebnisse dann hochgerechnet werden. Allerdings muss man an dieser Stelle auch berücksichtigen: Die Rücklaufquote ist von 80,3 Prozent im Oktober 2020 auf aktuell etwa 67,1 Prozent gesunken, wie die Daten zeigen.

Und diese Beschäftigtenzahlen sind von weitaus größerer Bedeutung als die Arbeitslosenzahlen. Wirtschaftsmedien wie Bloomberg oder Reuters berichten jeden Monat sofort nach Veröffentlichung der BLS-Daten die Nettozahl der geschaffenen bzw. verlorenen Stellen.

Schauen wir noch einmal in den BLS-Arbeitsmarktbericht vom 1. August 2025: Dort wird am Ende der Pressemitteilung auf eine größere Datenrevision hingewiesen:

»Revisions for May and June were larger than normal. The change in total nonfarm payroll employment for May was revised down by 125,000, from +144,000 to +19,000, and the change for June was revised down by 133,000, from +147,000 to +14,000. With these revisions, employment in May and June combined is 258,000 lower than previously reported.«

Das muss man erst einmal sacken lassen: In den Monaten Mai und Juni 2025 hat es – vorher berichtete – 258.000 neue Jobs gar nicht gegeben.

In einem Klammerzusatz erläutert das BLS die Datenrevision so: »Monatliche Revisionen resultieren aus zusätzlichen Berichten, die seit den letzten veröffentlichten Schätzungen von Unternehmen und Behörden eingegangen sind, sowie aus der Neuberechnung saisonaler Faktoren.«

Frühe Versionen der Arbeitsmarktberichte stützen sich auf größere Unternehmen, die schnell antworten. Die aktualisierte Version berücksichtigt Antworten kleinerer Firmen, die oft stärker von Änderungen der Wirtschaftslage betroffen sind, insofern kann man die Revision der Zahlen fachlich durchaus einordnen. Die übliche Praxis der Behörde: Die zentralen Beschäftigungszahlen werden nach ihrer Erstveröffentlichung zweimal revidiert, um nachträglich eingegangene Arbeitgebermeldungen und aktualisierte saisonale Berechnungsfaktoren zu berücksichtigen. Zudem unterliegen sie einer jährlichen, umfassenden Revision.1

Neue Jobs, die dann doch gar nicht existieren – Trump schlägt zu

Donald Trump bezeichnete die Behörde mit Bezug auf diese Datenrevision und die daraus resultierenden schlechteren Arbeitsmarktzahlen als „kaputt und korrupt“. Trump kündigte in seinem Onlinedienst Truth Social am Tag der Verkündigung der ihm nicht genehmen Zahlen an, die zuständige Behördenleiterin Erika McEntarfer zu feuern. „Ich habe mein Team darauf angewiesen, diese von Biden politisch nominierte Frau zu feuern, SOFORT“, schrieb er auf seiner Plattform Truth Social. Sie solle durch jemanden ersetzt werden, der „viel kompetenter und qualifizierter“ sei (vgl. Statistik-Chefin entlassen: Trump reagiert auf schlechte Daten – „Zahlen manipuliert“).

Seine Manipulationsvorwürfe gehen sogar noch weiter: »Die promovierte Ökonomin McEntarfer leitet seit 2023 das Amt für Arbeitsmarktstatistik. Trump behauptete, ihr Amt habe im März, August und September 2024 die Zahl der geschaffenen Arbeitsplätze deutlich aufgebläht. Kurz vor der US-Wahl 2024 sei dies offenbar geschehen, um seiner Konkurrentin Kamala Harris zum Wahlsieg zu verhelfen.«

Wenn er denn mal in Fahrt kommt: „Die Wirtschaft BOOMT unter ‚TRUMP‘“, behauptet er. Er spricht von einem Komplott gegen sich und von gefälschten Zahlen. Bei der Gelegenheit erneuerte er auch seine Forderung, US-Notenbank-Chef Jerome Powell zu feuern. Powell solle „in den Ruhestand geschickt“ werden, schrieb Trump.

»Abgeordnete beider Parteien, sowohl Republikaner als auch Demokraten, kritisierten seine Entscheidung, Erika McEntarfer, die oberste Verantwortliche für Beschäftigungsstatistiken, zu feuern. Sie sagten, ihre Entlassung stelle die Unabhängigkeit und Stabilität der Bundesbehörde in Frage, die einige der wichtigsten Wirtschaftsdaten des Landes meldet«, kann man diesem Artikel entnehmen: Trump setzt Angriffe auf Statistikbehörde fort: „Völlig manipuliert“. Er behauptete, Abwärtskorrekturen der Zahl neuer Jobs in der Wirtschaft seien erst nach seiner Wahl zum Präsidenten erfolgt.

»Das stimmt aber so nicht: Erst Anfang letzten Augusts, während Joe Bidens Präsidentschaft, meldete die Behörde steigende Arbeitslosigkeit und einen sich abkühlenden Arbeitsmarkt. Später im selben Monat berichtete das Büro, die Wirtschaft habe von April 2023 bis März 2024 818.000 weniger Jobs geschaffen als zuvor gemeldet. Dies war die größte jährliche Korrektur der bundesweiten Arbeitsmarktdaten seit 15 Jahren.«

Oftmals offenbaren Daten ihr „Bedrohungspotenzial“ für die Regierenden vor allem über einen Blick auf die langfristige Entwicklung:

Und dann gibt es in dem Artikel einen interessanten Hinweis:

»Ein hochrangiger Mitarbeiter des Weißen Hauses, der anonym über Trumps Denkweise sprach, sagte, dass die Einwände des Präsidenten gegen das BLS „schon immer in seinem Kopf waren“ und dass die jüngsten Datenrevisionen „der letzte Schritt“ waren, der ihn zur Entscheidung brachte, McEntarfer zu entlassen.«

Da könnte der eine oder andere langjährige Leser dieses Blogs auf die Idee kommen, dass da doch schon mal was geschrieben wurde zu Donald Trump und der Arbeitsmarktstatistik. So ist das. Allerdings müssen wir dazu einige Jahre zurückblättern. Konkret in das Jahr 2017. Trump war von 2017 bis 2021 der 45. und ist seit dem 20. Januar 2025 der 47. Präsident der Vereinigten Staaten. 

Donald Trump und sein Furor gegen die behördliche Arbeitsmarktstatistik oder: Der „Kämpfer für eine ehrliche Arbeitslosenstatistik“(?)

Man könnte sich tatsächlich dazu hinreißen lassen, Donald Trump mit Blick auf die Arbeitsmarktstatistik als „Wiederholungstäter“ zu charakterisieren, der sich nunmehr zum Intensivtäter gemausert hat.

Gehen wir zurück an den Anfang des Jahres 2017, also Trump im Januar seine erste Amtszeit begonnen hat. Am 7. Februar 2017 wurde hier der Beitrag Donald Trump als Kämpfer für eine ehrliche Arbeitslosenstatistik? Zur Diskussion über die „Unterbeschäftigung“ und interessante Parallelen zu Deutschland veröffentlicht. Damals ging es vor allem um die Arbeitslosenzahlen.

In den USA gab es eine Debatte über die offizielle und die „wahre“ Größenordnung der Erwerbslosigkeit – und damit um die Daten, die das BLS bis heute veröffentlicht. Der Hintergrund der damaligen Debatte: Der schon immer großmäulig daherkommende Trump stand nach seiner Amtsübernahme im Januar 2017 unter Zugzwang, denn er hatte die bisherige Zählweise wiederholt als „größten Schwindel aller Zeiten“ bezeichnet und seinem Vorgänger Barack Obama vorgeworfen, die Stellensituation zu beschönigen.

Offiziell lag die US-Erwerbslosenquote damals bei 4,8 Prozent – nach gängiger Definition der Statistiker herrscht damit beinahe Vollbeschäftigung. Der neue Präsident hatte dagegen im Wahlkampf erklärt, in Wahrheit seien „wahrscheinlich 28 oder 29 Prozent der Amerikaner arbeitslos“. Sogar von 42 Prozent habe er „gehört“.

In dem Blog-Beitrag vom Februar 2017 wurde dann zum besseren Verständnis genauer erläutert, wie die Arbeitslosenzahlen in den USA (und das stark abweichend zu dem Vorgehen in Deutschland, das auch immer wieder kritisch hinterfragt wurde und wird) eigentlich berechnet werden.

Das Bureau of Labor Statistics  (BLS) nimmt zur Berechnung der Quote weder die Anzahl Leute, die Arbeitslosenhilfe beziehen, noch geht es von Haus zu Haus, um Arbeitslose physisch aufzuspüren. Letzteres macht die US-Regierung im Rahmen der Volkszählung alle zehn Jahre. Vielmehr führt die Behörde jeden Monat eine Umfrage durch. Die Stichprobe für die Umfrage umfasst etwa 60.000 Haushalte. Die Quoten basieren auf dem Current Population Survey, einer monatlichen Haushaltsbefragung zur Erwerbslage in den USA. Die Haushalte werden persönlich oder telefonisch befragt zu ihrer Aktivität auf dem Arbeitsmarkt bzw. zu ihrem Status als Nichtbeschäftigte. Die Antworten werden dann gewichtet und hochgerechnet.2

Und man muss wissen, dass es eine „offizielle“ Arbeitslosenquote gibt, die auch den Kennern der statistischen Materie als U-3 bekannt ist. Man ahnt es schon: U-3 bedeutet, dass es zumindest U-1 und U-2 geben muss, vielleicht auch noch höhere U-Werte. Insgesamt wird die statistische Abbildung der Erwerbslosigkeit mit mehreren Quoten versucht, von U-1 bis U-6.

Was messen die Quoten U-1 bis U-6?

Wenn man diese Systematik verwendet, dann zeigt sich für die Monate seit Januar 2016 (da gab es noch die Obama-Administration, dann die erste Amtszeit von Trump von 2017 bis 2021 sowie nachfolgend von 2021 bis Januar 2025 die Biden-Administration) der folgende Verlauf der Entwicklung der eng gefassten Langzeitarbeitslosigkeit bis hin zu der sehr weit gefassten Unterbeschäftigung:

Was für ein Problem hatte Donald Trump nun 2017 am Anfang seiner ersten Amtszeit? Er kritisierte (in Teilen durchaus begründet), dass die offizielle Erwerbslosenquote in den USA, die sogenannte U-3-Quote, sehr eng definiert ist. Sie umfasst nur Menschen, die sich in den zurückliegenden vier Wochen um einen neuen Job bemüht haben. Damit sind alle außen vor, die sich etwa gerade weiterbilden, die kein geeignetes Stellenangebot gefunden oder schlicht die Hoffnung auf eine baldige Wiederbeschäftigung aufgegeben haben. Aber die finden sich zumindest teilweise durchaus berücksichtigt in den Quoten oberhalb von U-3.

Die offizielle Arbeitslosenquote in den USA lag Anfang 2017 bei 4,9 Prozent (gemessen an U-3). Sie hätte aber auch mit fast 10 Prozent beziffert werden können, wenn man die weite Definition von U-6 herangezogen hätte. Aber warum sollte Donald Trump ein Interesse daran gehabt haben, die offiziell ausgewiesene Arbeitslosigkeit höher ausfallen zu lassen? 

Trump brauchte zu Beginn seiner Amtszeit einen höheren Ausgangswert, um die Chance zu haben, die Quote in der Zukunft wieder zu verringern. Bliebe es bei der U-3-Zählung, würden sich selbst echte Stellenzuwächse kaum in der Arbeitslosenrate niederschlagen, weil die Jobs vor allem von Menschen besetzt würden, die bisher gar nicht als erwerbslos galten. Anders gesagt: Der nach eigener Auskunft „größte Stellenbeschaffer, den Gott je geschaffen hat“ brauchte eine Statistikreform, um mögliche Arbeitsmarkterfolge auch dokumentieren zu können.

Zugleich hat er schon damals ein sehr gutes Sensorium für Gefühle in der „normalen“ Bevölkerung und deren Vorbehalte gehabt. So wurde Anfang 2017 bei der Diskussion über den Vorstoß von Trump darauf hingewiesen, dass er ein weit verbreitetes Gefühl aufgreifen würde, das viele Amerikaner umtreibt: Manche von ihnen hatten die Suche nach einer Stelle tatsächlich frustriert aufgegeben, gelten aber offiziell nicht als erwerbslos. Andere hatten zwar nach der großen Rezession der Jahre 2008 und 2009 wieder Arbeit gefunden, verdienten aber weniger als früher und sind deshalb trotz Jobs unzufrieden. All das kommt in der blendend aussehenden U-3-Statistik nicht zum Ausdruck.

Aber auch dieser Punkt ist in seiner ersten Amtszeit – wie viele andere Ansinnen – dann nicht umgesetzt worden. Sicherlich eine Folge, dass Trump völlig unvorbereitet in seine erste Amtszeit geschlittert ist. Das sollte sich in seiner zweiten Amtszeit nicht wiederholen, die systematisch vorbereitet wurde. Erinnert sei hier an das Handbuch der Machtübernahme sowie des fundamentalen Ab- und Umbaus des Staates, seiner Institutionen sowie dem Kampf gegen als feindlich wahrgenommene Institutionen der Zivilgesellschaft – verfasst von der Heritage Foundation:

➔ Paul Dans and Steven Groves (eds.) (2023): Mandate for Leadership. The Conservative Promise. Presidential Transition Project 2025, Washington, DC: The Heritage Foundation, April 20233

Und seien wir ehrlich – die meisten Beobachter haben nur noch staunend bis gelähmt die ersten Monate der zweiten Amtszeit von Trump und den irrsinnigen Abbau demokratischer und rechtsstaatlicher Strukturen sowie die im Grunde schrankenlose Machtübernahme von Trump zur Kenntnis genommen.

Vom Schreibtisch der Stiftung auf die Chefsessel des U.S. Bureau of Statistics

Und was hat die Heritage Foundation mit dem hier aufgerufenen Thema BLS zu tun?

»Donald Trump baut die US-Behörden weiter um. Der US-Präsident hat E. J. Antoni als neuen Chef des Bureau of Labor Statistics (BLS) benannt. „Ich freue mich, den renommierten Ökonomen Dr. E. J. Antoni als neuen Leiter des Bureau of Labor Statistics nominieren zu dürfen“, schrieb er auf seiner Plattform Truth Social. Und weiter: „Unsere Wirtschaft boomt, und E. J. wird dafür sorgen, dass die veröffentlichten Zahlen ehrlich und genau sind.“ Die Personalie muss noch durch den von den Republikanern kontrollierten Senat bestätigt werden«, berichtet das Handelsblatt in dem Artikel Trump macht Vertrauten zum Chef der wichtigsten Statistikbehörde. »Antoni ist scharfer Kritiker der Statistikbehörde des US-Arbeitsministeriums. Anfang August schrieb er auf X: „Es gibt bessere Möglichkeiten, Daten zu erheben, zu verarbeiten und zu verbreiten – das ist die Aufgabe des nächsten BLS-Kommissars.“ Der ist nun er.«

Um das nochmals in Erinnerung zu rufen: Das BLS ist der wichtigste Teil des Netzwerks statistischer Ämter der USA und für die Erhebung und Analyse von Daten zu Arbeitsplätzen, Löhnen und der Wirtschaft zuständig, darunter auch der monatliche Arbeitsmarktbericht. Seine Daten beeinflussen Entscheidungen im privaten und öffentlichen Sektor, darunter auch die Entscheidungen der US-Notenbank Federal Reserve über Zinserhöhungen oder -senkungen. Es geht hier also nicht um irgendeine abseitige Erbsenzählerei.

Wer nun ist der neue Trump-Mann an der Spitze des BLS, wenn er denn im Senat bestätigt wird?

»Antoni ist ein vehementer Kritiker des Statistik-Büros und ein Trump-Getreuer. Er ist derzeit Chefökonom bei dem rechtskonservativen Thinktank Heritage Foundation und soll am „Project 2025“ – einer umstrittenen Strategie für die zweite Amtszeit Trumps – mitgearbeitet haben. Kritiker befürchten, dass Antoni installiert wurde, um Trump bei den Arbeitsmarktdaten gut aussehen zu lassen«, berichtet Antonia Marquardt in der WirtschaftsWoche.

Was qualifiziert ihn für die neue Stelle? »Er hatte in den vergangenen Monaten Trumps politische Maßnahmen stets gelobt und an seinem Vorgänger Joe Biden scharfe Kritik geübt«, so die FAZ. Seine inhaltliche Qualifikation für den neuen Posten sei zweifelhaft, so die noch nette Umschreibung von Marc Bürgi in seinem Artikel Ein Chefstatistiker nach dem Gusto des US-Präsidenten. Alex Jacquez, Leiter für Politik und Interessenvertretung bei der Groundwork Collaborative, bezeichnete Antoni als „Speichellecker“ und nannte seine Auswahl „einen klaren Angriff auf unabhängige Analysen mit weitreichenden Folgen für die Verlässlichkeit der US-Wirtschaftsdaten“, kann man diesem Artikel entnehmen: Trump macht Kritiker des Statistikbüros zu dessen Chef. Dort auch: »Während Trump-Anhänger sich über Antonis Ernennung freuen, reagierten bekannte US-Ökonomen zurückhaltend. „Die Nominierung wird die Nachfrage nach privat erstellten Daten stark erhöhen“, sagte Joe Brusuelas, Chefökonom beim Wirtschaftsprüfungsunternehmen RSM US.«

Heftige Kritik an der Entlassung McEntarfers kam übrigens auch vom früheren Chef des Amtes für Arbeitsmarktstatistik, William Beach. »Er war von Trump für den Posten ernannt und bezeichnete die Entlassung seiner Nachfolgerin … auf X als völlig unbegründet. Dies schaffe einen gefährlichen Präzedenzfall und untergrabe die statistische Aufgabe des Amtes«, kann man dem Beitrag Wirbel nach Entlassung von Statistikchefin entnehmen. Und zu den Manipulationsvorwürfen die nun gefeuerte BLS-Chefin betreffend: »In einem Gespräch mit dem Nachrichtenportal „Politico“ führte er aus, dass Hunderte Menschen an den Zahlen arbeiteten – und etwa 40 Personen sie fertigstellten. Dabei handele es sich um professionelle Leute, die ihren Job unter Republikanern wie Demokraten gemacht hätten. Die Chefin des Amtes habe keinerlei Einfluss auf die Daten und könne sie auch nicht einsehen, bevor sie vollständig fertiggestellt seien, sagte er.«

»Wie kann jemand in Zukunft den Informationen des Bureau of Labor Statistics vertrauen, wenn der Leiter der Behörde Daten vorlegen muss, die Trump gefallen, um seinen Posten behalten zu können? Antwort: Das kann er nicht.« 

Wer das sagt? Das kommt von Robert Reich, ehemaliger Arbeitsminister unter Präsident Clinton, in seinem Kommentar I was the US labor secretary. Trump’s latest firing undermines a key agency. Und weiter: »Wenn Trump die Botschaft nicht gefällt, schießt er auf den Überbringer und ersetzt ihn durch jemanden, der Botschaften überbringt, die ihm gefallen. So bleiben wir ohne glaubwürdige Informationsquellen darüber, was wirklich geschieht.« Reich versteht die Ereignisse um die Entlassung der BLS-Chefin aber nur als Vorspiel für eine ganz andere und weitaus größere Nummer: »Trump versucht derzeit, dasselbe mit der Federal Reserve zu tun – er fordert Jerome Powell, den Vorsitzenden der Fed, auf, die Zinsen zu senken oder die Kontrolle über die Behörde zu verlieren.« 

Und Robert Reich ordnet die Vorgänge weiter ein: »Trump hasst Fakten, mit denen er nicht einverstanden ist. Deshalb baut er die Umweltschutzbehörde EPA ab, die wiederholt gezeigt hat, dass die Klimakrise kein „Schwindel“ ist, wie Trump behauptet, sondern eher eine nationale Notlage. Deshalb greift Trump amerikanische Universitäten an, deren Wissenschaftler Wind- und Solarenergie entwickeln und deren Historiker die tragische Geschichte des Rassismus und Völkermords an den Ureinwohnern Amerikas aufgedeckt haben. Er zerstört die Centers for Disease Control und die National Institutes of Health, die die Ursachen von Krankheiten aufzeigen und Wege aufzeigen, wie wir uns davor schützen können.«

Und Trump ist erst seit sieben Monaten an den Schalthebeln der zerstörerischen Macht.4

Fußnoten

  1. Revisionen, also nachträgliche Korrekturen bereits veröffentlichter Statistiken, sind Alltagsgeschäft in allen statistischen Behörden. In Deutschland haben wir gerade ein Beispiel erlebt, das sich auf die wichtigste Kennzahl der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung (VGR) bezieht: dem Bruttoinlandsprodukt (BIP). An deren Veränderung gegenüber dem Vorjahreswert bemisst sich das Wirtschaftswachstum. Blicken wir zurück auf die letzten Jahr: Nach dem schweren Einbruch im ersten Pandemie-Jahr 2020 und den vor allem pandemiebedingten Bremswirkungen im Jahr 2021 kam dann 2022 nicht die damals von den meisten erwartete kräftige Erholung der am BIP gemessenen volkswirtschaftlichen Wertschöpfung, sondern Ende Februar bekamen wir den Angriffskrieg der Russischen Föderation auf die Ukraine, den dadurch vorangetriebenen Energiepreisschock und weitere vor allem extern bedingte Krisenverstärkungsfaktoren, die sich mit internen Strukturproblemen der deutschen Volkswirtschaft zu einem Abwärtssog verbunden haben. In der Folge wurde für die Jahre 2023 und 2024 ein Nullwachstum, eine stagnierende Volkswirtschaft gemessen an der BIP-Veränderung ausgewiesen, genauer formuliert: sogar ein leichtes Schrumpfen, denn die vom Statistischen Bundesamt ausgewiesenen „Wachstumswerte“ beliefen sich (bislang) für 2023 auf -0,1% und für 2024 sogar auf -0,2%. Am 30. Juli 2025 veröffentlichte dann Statistische Bundesamt eine Mitteilung, in der ausgeführt wurde: »Das Statistische Bundesamt hat … die bisher veröffentlichten Ergebnisse ab 2021 überarbeitet und neu verfügbare statistische Informationen in die Berechnungen der Ergebnisse einbezogen.« Mit erheblichen Folgen für die Jahre 2023 und 2024, denn nach der nun vorgenommenen Revision wurde das Wirtschaftswachstum für 2023 von -0,1% deutlich abgesenkt auf -0,7%. Das ist eine erhebliche Veränderung. Und die Korrektur für 2024 führt dazu, dass nunmehr nicht -0,2%, sondern -0,5% ausgewiesen werden. Fazit: In den letzten beiden Jahren befand sich die deutsche Volkswirtschaft nicht in einer Stagnation, sondern eindeutig in einer Rezession über zwei lange Jahre hinweg. Der Vollständigkeit halber: Es handelt sich um die nach dem Verfahren X13 saison- und kalenderbereinigte Werte des preisbereinigten BIP. ↩︎
  2. Auf die Fragen kommt es an – was sich auch an der US-amerikanischen Methodik zeigen lässt: Als aktiv arbeitssuchend etwa gilt, wer in den 4 Wochen vor der Umfrage einen Arbeitgeber, einen Vermittler, Freunde oder Verwandte usw. kontaktiert hat mit dem Motiv der Jobsuche, wer sich bewirbt oder Lebensläufe einreicht, wer sich auf Anzeigen meldet oder sich bei Berufsverbänden erkundigt. Wer nur einen Ausbildungskurs besucht oder die Stellenanzeigen studiert, wird dagegen nicht als aktiv jobsuchend eingestuft. ↩︎
  3. Die Heritage Foundation ist eine 1973, während der Nixon-Regierung, von Paul Weyrich, Edwin Feulner und Joseph Coors gegründete Denkfabrik (Think Tank) mit Sitz in Washington. Das einflussreiche politische Forschungsinstitut, dessen Motto Leadership for America („Führung für Amerika“) lautet, verfolgt nach eigenen Worten die Förderung „konservativer Politik auf der Grundlage der freien Marktwirtschaft, des minimalen Staats, der individuellen Freiheit, traditioneller amerikanischer Werte und einer starken nationalen Verteidigung“. Die Stiftung spielte eine führende Rolle in der konservativen Bewegung während der Regierung von Ronald Reagan, dessen Politik signifikant durch die Heritage-Studie „Mandate for Leadership“ beeinflusst war. Und das mit dem damals unter Reagan erfolgreichen Drehbuch wurde nun erneut und erfolgreich in den politischen Prozess eingespielt. ↩︎
  4. Interessierte können die in diesem Beitrag beschriebenen Vorgänge gerne einordnen in die nur auf den ersten Blick theoretische Debatte, on die Vereinigten Staaten unter Präsident Trump in ein faschistisches System einmünden. Vgl. hierzu die Darstellung unterschiedlicher Positionen in dem Beitrag Manche sprechen schon von „Faschismus“. Darin findet sich als einer der Positionen diese hier: »Auf den von Max Weber geprägten Begriff „sultanistisch“ greift der Demokratieforscher Wolfgang Merkel zurück, um Trumps Regierungshandeln zu etikettieren. Aus seiner Sicht spricht „wenig dafür, Trumps USA mit demselben Begriff zu beschreiben wie Mussolinis Faschismus oder die Vernichtungsherrschaft des Nationalsozialismus“. „Sultanistische Regime“ sind demnach personal, Institutionen spielen keine handlungsleitende Rolle. Merkel zählt weitere Merkmale auf: Staatliche Positionen werden nach Loyalität vergeben. Unter den Handverlesenen seien Familie, Freunde und Geschäftspartner. Loyalität zum Herrscher werde durch „Furcht und Belohnung“ genährt. Der Sultan entscheide nach eigenem Ermessen jenseits von Normen und Werten. Die Grenzen zwischen privat und öffentlich verwischen. Die Unternehmen des Herrschers schließen Geschäftsverträge mit dem Staat. Patronage, Nepotismus und Korruption werden zu Leitnormen.« ↩︎