Immer noch 7,5 Millionen abhängig Beschäftigte, aber: der Niedriglohnsektor ist etwas geschrumpft

19 Prozent und damit fast jeder fünfte abhängig Beschäftigte in Deutschland haben im April 2022 im Niedriglohnsektor gearbeitet. Damit wurden rund 7,5 Millionen Jobs unterhalb der Niedriglohnschwelle von 12,50 Euro brutto je Stunde entlohnt. Das waren 514.000 niedrig entlohnte Jobs weniger als im April 2018 (8,0 Millionen), berichtet das Statistische Bundesamt unter der Überschrift 0,5 Millionen weniger Niedriglohnjobs im April 2022 gegenüber April 2018. Der Anteil der niedrigentlohnten Jobs an allen Beschäftigungsverhältnissen ist somit bundesweit von 21 Prozent auf 19 Prozent gesunken.

Mit Blick auf die Schrumpfung des so gemessenen Niedriglohnsektors gibt es erhebliche Unterschiede zwischen West- und Ostdeutschland – und das lässt sich auf die Anhebung des Mindestlohns in den Jahren 2018 bis zum Frühjahr 2022 zurückführen: »Der Anteil an Beschäftigten im Niedriglohnsektor sank in Ostdeutschland mit einem Rückgang von 29 % auf 23 % im Zeitraum April 2018 bis April 2022 deutlich stärker als in Westdeutschland, wo er von 20 % auf 18 % zurückging. Eine Erklärung dieser Entwicklung ist der zwischen April 2018 und April 2022 von 8,84 Euro auf 9,82 Euro gestiegene gesetzliche Mindestlohn, der die Verdienstentwicklung in Ostdeutschland stärker beeinflusste als in Westdeutschland.«

Und es gibt ganz erhebliche Unterschiede zwischen den Branchen:

➔ »Knapp zwei von drei Beschäftigungsverhältnissen (63 %) im Gastgewerbe lagen im April 2022 im Niedriglohnsektor. In der Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft (56 %) und im Bereich Kunst, Unterhaltung und Erholung (43 %) war der Anteil der Niedriglohnbeschäftigten ebenfalls weit überdurchschnittlich.«

➔ »In der öffentlichen Verwaltung (3 %), im Bereich Erziehung und Unterricht (7 %), in der Finanz- und Versicherungsbranche (7 %) sowie im Bergbau (7 %) waren die Anteile hingegen am niedrigsten.«

Die Lohnspreizung ist in den vergangenen Jahren konstant geblieben

»Der Verdienstabstand zwischen Gering- und Besserverdienenden – die sogenannte Lohnspreizung – blieb zwischen April 2018 und April 2022 nahezu konstant. Die Lohnspreizung ist ein Maß zur Beschreibung der Lohnungleichheit. Hierzu wird der Verdienstabstand zwischen den Geringverdienenden (untere 10 % der Lohnskala) und Besserverdienenden (obere 10 %) gemessen. Konkret wird der Bruttostundenverdienst, ab dem eine Person zu den Besserverdienenden zählt (2022: 35,80 Euro), ins Verhältnis gesetzt zum Verdienst, bis zu dem Geringverdienende reichen (2022: 10,90 Euro).
Während Besserverdienende 2022 das 3,28-Fache des Bruttostundenverdienstes von Geringverdienenden erzielten, war es 2018 das 3,27-Fache. Die Lohnspreizung blieb also nahezu unverändert. Zwischen April 2018 und April 2022 waren die Veränderungsraten des 1. Dezils (+12,3 %, Wert markiert die Obergrenze der unteren 10 % der Lohnskala), des 9. Dezils (+12,7 %, markiert die Untergrenze der oberen 10 % der Lohnskala) sowie des mittleren Bruttostundenverdienstes (Median, +13,1 %) sehr ähnlich.«

Was bedeutet das mit Blick auf die Anhebung des Mindestlohns in dem hier betrachteten Vergleichszeitraum?

»Zum Vergleich: Der gesetzliche Mindestlohn ist in diesem Zeitraum um 11,1 % gestiegen. Die durch die Mindestlohn-Anpassungen ausgelösten Verdienststeigerungen wurden somit auch in der Mitte und am oberen Rand der Verdienstverteilung erzielt.«

Methodische Anmerkungen des Statistischen Bundesamtes zu den hier verwendeten Daten: »Bei den Angaben handelt es sich um Ergebnisse der Verdiensterhebung für April 2022, in der mit einer geschichteten Stichprobe von 58 000 Betrieben Angaben zu Verdiensten und Arbeitszeiten der abhängig Beschäftigten erhoben werden. Verglichen wurden die Angaben mit den Ergebnissen der Verdienststrukturerhebung, die für den Berichtsmonat April 2018 letztmalig durchgeführt wurde. Zum Niedriglohnsektor zählen alle Beschäftigungsverhältnisse, die mit weniger als zwei Drittel des mittleren Verdienstes (also brutto 12,50 Euro je Stunde im April 2022 bzw. 11,05 Euro je Stunde im April 2018) entlohnt werden. Auszubildende werden bei dieser Analyse ausgeschlossen.«