Die Erfolgswelle der Rechtspopulisten in Europa, die Flüchtlinge – und die Rolle der Medien

Der eine oder andere wird sich in dieser schnelllebigen Zeit noch erinnern an die Demonstrationen in Chemnitz. Die Folgen der Ereignisse werden von den meisten eher mit dem nunmehr nach einigem Gewürge dannn doch erfolgten Rausschmiss des Verfassungsschutzpräsidenten Maaßen verbunden. Es sollte aber auch an eine denkwürdige Formulierung des (Noch-)CSU-Parteivorsitzenden und Bundesinnenministers Horst Seehofer erinnert werden:

»Nachdem Horst Seehofer lange zu den teilweise gewaltsamen Protesten in Chemnitz geschwiegen hatte, verteidigte der Innenminister jetzt die Demonstranten in Sachsen. Der CSU-Vorsitzende sagte am Mittwoch am Rande einer Klausurtagung der CSU-Landesgruppe im brandenburgischen Neuhardenberg, er habe Verständnis, wenn sich Leute empören, das mache sie noch lange nicht zu Nazis«, konnte man dem Artikel „Mutter aller Probleme ist die Migration“ entnehmen. Für diese Formulierung hat er einerseits einen Sturm der Entrüstung geerntet, aber ihm wurde von Teilen der Medien auch beigesprungen, denn die Ablehnung der Formulierung „Mutter aller Probleme“ sei falsch , so beispielsweise Christoph Ernst, der in seinem Artikel in der Zeitschrift Cicero behauptet: »Hat er doch nur eingestanden, was die Politik bislang verschweigt: Orthodoxe Muslime sind nicht integrierbar, verändern unsere Gesellschaft aber immer mehr.« Und damit greift er ein gängiges Narrativ auf, das nicht nur in der AfD herumgereicht wird, sondern weite Kreise darüber hinaus gezogen hat. 

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Vom „solidarischen Grundeinkommen“ jetzt zum „Grundeinkommensjahr“? Neues aus der sozialdemokratischen Debattenwelt

Vor einigen Monaten wurde einen Moment lang heftig diskutiert über das Grundsicherungssystem, landläufig als Hartz IV tituliert. Sogar eine Abschaffung des bei vielen Menschen und vor allem bei enttäuschten Sozialdemokraten oder ihren (früheren) Wählern verhassten Erbes der Agenda 2010 der rot-grünen Bundesregierung unter Gerhard Schröder wurde in den medialen Raum gestellt. Auslöser waren Vorschläge des Regierenden Bürgermeisters von Berlin, Michael Müller (SPD). Der hatte bereits im Oktober 2017 geschrieben: »Ich halte in diesem Zusammenhang nichts von einem bedingungslosen Grundeinkommen … Sehr wohl kann ich mir aber ein solidarisches Grundeinkommen vorstellen.« Was man sich darunter vorstellen muss? » Ich bin sicher, jedem von uns fällt einiges ein, was wegen klammer staatlicher Kassen heute nicht möglich ist: Sperrmüllbeseitigung, Säubern von Parks, Bepflanzen von Grünstreifen, Begleit- und Einkaufsdienste für Menschen mit Behinderung, Babysitting für Alleinerziehende, deren Arbeitszeiten nicht durch Kita- Öffnungszeiten abgedeckt werden, vielfältige ehrenamtliche Tätigkeiten wie in der Flüchtlingshilfe, als Lesepatin oder im Sportverein als Übungsleiter und und und.« Der Kern des Vorschlags von Müller ist also eine spezifische Form der öffentlich geförderten Beschäftigung für einen Teil der langzeitarbeitslosen Menschen – spezifisch, weil die Tätigkeiten beschränkt sein sollen auf bestimmte „Zulieferer“-Arbeiten im kommunalen Bereich, die vor allem aus finanziellen Gründen derzeit nicht erledigt werden (können) und das dann begrenzt auf Menschen unter den Langzeitarbeitslosen, die derart viele und/oder schwerwiegende „Vermittlungshemmnisse“ haben, dass sie kaum oder absehbar keine Chancen mehr haben werden, auf dem „normalen“ Arbeitsmarkt landen zu können.

Dass das nichts mit einer „Abschaffung“ von Hartz IV zu tun hat und – wenn überhaupt – nur einen sehr kleinen Ausschnitt eines Systems adressiert, in dem sich über sechs Millionen ganz unterschiedliche Menschen und das teilweise seit vielen Jahren befinden, vorbeigeht, wurde hier bereits in diesem Beitrag vom 8. April 2018 ausführlich analysiert und bewertet: Die abgehobene und letztendlich verlogene Hartz IV-Debatte. Nun aber werden wir Zeugen eines weiteren Versuchs, die weitaus größere und bei vielen Menschen durchaus mit großen Sympathien versehene Grundeinkommensdebatte zu kapern und für die Neuausrichtungsdiskussion innerhalb der SPD zu nutzen.

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Weiter auf dem Weg der Polarisierung: Von dauerhafter Armut und verfestigtem Reichtum. Befunde aus dem WSI-Verteilungsbericht 2018

Mit Blick auf die Einkommen kann für Deutschland von einer doppelten Polarisierung gesprochen werde: Zum einen ist die Gruppe der mittleren Einkommen geschrumpft, weil der Anteil der Haushalte unter der Armutsgrenze deutlich und der über der statistischen Reichtumsgrenze etwas zugenommen hat. Zum zweiten haben sich Armut und Reichtum verfestigt. Das lässt sich daran ablesen, dass mehr Haushalte über mindestens fünf Jahre hinweg einkommensarm beziehungsweise einkommensreich sind, wobei die Tendenz bei armen Haushalten erneut deutlich ausgeprägter ist. Zudem zeigen sich wesentliche Unterschiede nach Geschlecht und Region: Dauerhafte Armut kommt in Ostdeutschland etwa sechs Mal so häufig vor wie in den alten Bundesländern. Etwa zwei Drittel der Wohlhabenden sind männlich, insgesamt leben 95 Prozent der Einkommensreichen in den alten Bundesländern. So beginnt der Artikel Einkommen in Deutschland: Verfestigung an den Rändern. Und darin findet man auch dieses wichtige Zitat: „Nicht nur geht die Einkommensschere auf, auch die Lebenswelten von Armen, Mittelschicht und Reichen fallen immer weiter auseinander.“ Das stammt von Dorothee Spannagel. Und die hat den Verteilungsbericht 2018 des gewerkschaftsnahen Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) erarbeitet:

➔ Dorothee Spannagel (2018): Dauerhafte Armut und verfestigter Reichtum. WSI Verteilungsbericht 2018. WSI Report Nr.43, Düsseldorf, November 2018

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