Ein Update zum „Ungleichheitsvirus“ Covid-19

Versuchen wir uns zu erinnern: Am Ende des ersten Corona-Jahres 2020 und im Frühjahr 2021 gab es eine Debatte darüber, dass Corona offensichtlich doch nicht als „großer Gleichmacher“ durch das Land gezogen ist, sondern sowohl die Infektionsrisiken wie auch die schweren bis hin zu tödlichen Verläufen ungleich verteilt waren. Vgl. dazu beispielsweise die Beiträge Das Corona-Virus und die Ungleichheit: Vom anfänglichen „großen Gleichmacher“ zu einem in Umrissen immer deutlicher erkennbaren „Ungleichheitsvirus“ vom 6. März 2021 sowie Das Corona-Virus als „Ungleichheitsvirus“: Die Umrisse werden deutlicher erkennbar. Und „Menschen mit Migrationshintergrund“ diesseits und jenseits der Statistik vom 21. März 2021. Damals gab es nur erste Ergebnisse von Studien, die darauf hingewiesen haben, dass es sehr wohl eine sehr ungleiche Verteilung der Risiken und Lasten gab. Nur ein Beispiel aus dem vergangenen Jahr: »Mit Hilfe von Daten der Krankenkasse AOK Rheinland/Hamburg wurde untersucht, ob eine Tätigkeit im Niedriglohnsektor und Arbeitslosigkeit das Risiko für einen COVID- 19-bedingten Krankenhausaufenthalt für Männer und Frauen im erwerbsfähigen Alter in Deutschland erhöht. Nach der Analyse der Wissenschaftler ist das Risiko für einen COVID-19-bedingten Krankenhausaufenthalt in Abhängigkeit vom Erwerbsstatus erheblich – für Langzeitarbeitslose im Hartz IV-System wird beispielsweise eine fast doppelt so große Wahrscheinlichkeit berichtet wie für regulär Erwerbstätige.«

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Von den präviralen Ungleichheiten nach einer kurzen Unterbrechung in eine postvirale Klassengesellschaft? Daten und Spekulationen über Armut und Ungleichheit

»Wer in Deutschland einmal unter die Armutsgrenze rutscht, bleibt immer öfter länger arm. So beträgt der Anteil dauerhaft von Armut bedrohter Menschen an allen Armen 44 % – und ist damit mehr als doppelt so hoch wie noch 1998. Zudem droht die Corona-Pandemie die finanzielle Situation benachteiligter Gruppen zu verschärfen: Auch wenn höhere Einkommensgruppen im ersten Lockdown häufiger Einkommenseinbußen hatten, kämpften neben Selbstständigen besonders Menschen mit niedrigen Einkommen, Geringqualifizierte und Alleinerziehende mit finanziellen Schwierigkeiten.« Das konnte man einer Mitteilung des Statistischen Bundesamtes entnehmen, die im März 2021 veröffentlicht wurde: Armutsrisiken haben sich in Deutschland verfestigt, so ist die überschrieben. Darin wird über den neuen Datenreport 2021 – Sozialbericht für Deutschland berichtet. Der Datenreport ist ein Sozialbericht, den die Bundeszentrale für politische Bildung zusammen mit dem Statistischen Bundesamt, dem Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung, dem Sozio-oekonomischen Panel des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung sowie 2021 erstmals mit dem Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung herausgibt (vgl. dazu auch den Beitrag Eine Verfestigung von Armutsrisiken und mehr: Der Datenreport 2021. Ein Sozialbericht für die Bundesrepublik Deutschland vom 10. März 2021).

Während sich die einen schon bei der Überschrift der Pressemitteilung zum neuen Sozialbericht bestätigt fühlen hinsichtlich ihrer Wahrnehmung einer zunehmenden Ungleichheit in unseres Gesellschaft, ließ die Reaktion „der anderen Seite“ nicht lange auf sich warten, also derjenigen, die das alles ganz anders sehen: Zerrbild der Realität, so vorwurfsvoll schon in der Überschrift haben beispielsweise Christoph Schröder und Maximilian Stockhausen vom arbeitgebernahen Institut der der deutschen Wirtschaft (IW) ihre Verarbeitung des neuen Sozialberichts überschrieben.

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Das Corona-Virus als „Ungleichheitsvirus“ und dessen Fortpflanzung in die ebenfalls ungleiche Welt der Impfungen

Bereits im Herbst des vergangenen ersten Corona-Jahres gab es zahlreiche Berichte über die Tatsache, dass das Corona-Virus eben kein großer Gleichmacher ist, sondern dass sich zahlreiche vor Corona ausgeprägte soziale Ungleichheiten auch in Form einer unterschiedlichen Betroffenheit durch das Virus hinsichtlich der Infektions-, Erkrankungs- und Sterberisiken (wie aber auch mit Blick auf sehr ungleiche Verteilung der negativen ökonomischen und sozialen Folgen der Pandemiebekämpfungspolitik) nicht nur gespiegelt, sondern teilweise potenziert haben. Dazu aus diesem Blog ausführlicher der Beitrag Das Corona-Virus und die Ungleichheit: Vom anfänglichen „großen Gleichmacher“ zu einem in Umrissen immer deutlicher erkennbaren „Ungleichheitsvirus“, der am 6. März 2021 veröffentlicht wurde. Und am 21. März 2021 wurde dann dieser Beitrag veröffentlicht: Das Corona-Virus als „Ungleichheitsvirus“: Die Umrisse werden deutlicher erkennbar. Und „Menschen mit Migrationshintergrund“ diesseits und jenseits der Statistik. Die empirischen Hinweise auf eine sehr ungleiche Verteilung der Risiken und der tatsächlichen Betroffenheit durch das Virus lagen schon seit Monaten vor – und auch die immer wieder vorgetragenen Schlussfolgerungen, dass man (eigentlich) gezielt angesichts der teilweise extremen Ungleichheiten bei der so bedeutsamen Impfung eine risikobezogene Differenzierung hätte vornehmen müssen bzw. sollen.

Erst in den vergangenen Tagen sind dann auch erste praktische Umsetzungen in Form einer von der üblichen Priorisierung abweichenden sozialräumlichen Ausgestaltung der Impfungen in einigen Großstädten bekannt geworden.

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