„Das System ist am Ende“: Pflegenotstand – und ein 24-Stunden-Streik der Pflegekräfte. Mit Unterstützung vieler Heimleiter. Nein, nicht in Deutschland

Derzeit überschlagen sich die Berichte in den deutschen Medien über die Situation der Altenpflege. Immer offensichtlicher wird auch für die außenstehenden Beobachter der Szenerie, was Pflegenotstand bedeutet. Und zunehmend skandalös wirkt die Kleinteiligkeit der angekündigten Maßnahmen der sich konstituierenden neuen Großen Koalition in diesem Bereich – dass man die Dramatik der Situation einfach noch nicht wirklich begriffen hat, mag als „nette“ Erklärung für die Handlungsschwäche serviert werden. Und schaut man in die sozialen Netzwerke, dann wird man mit immer aggressiver bzw. frustrierter daherkommenden Wortmeldungen seitens der betroffenen Pflegekräfte konfrontiert, die sich hinter Hashtags wie #pflexit über ihre Flucht aus dem Arbeitsfeld austauschen. Und immer wieder und fast schon beschwörend werden Beiträge auch mit #pflegestreik hinterlegt. Aber ein Streik, geschweige denn ein großer Pflegestreik, ist derzeit in Deutschland nicht in Sicht. 

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Und täglich grüßt das Murmeltier? Von erneuten Streiks bei Amazon über dessen „Uberisierung“ bis hin zu der tonnenschwere Frage nach den Arbeiterrechten im digitalen Kapitalismus

Seien wir ehrlich – viele werden das kaum noch zur Kenntnis nehmen, wenn sie solche Meldungen lesen: Wieder Streiks bei Amazon: »Seit Jahren verweigert Amazon der Gewerkschaft ver.di Verhandlungen über einen Tarifvertrag. Daran änderten bis heute auch zahlreiche Streiks nichts.« Seit fast vier Jahren geht das nun schon so. Die Gewerkschaft  fordert eine Bezahlung der Amazon-Beschäftigten nach den Tarifverträgen des Einzel- und Versandhandels, davon will das US.-amerikanische Unternehmen nichts wissen. Ver.di ruft zu Streiks bei Amazon auf: »Rund um die Aktionstage „Black Friday“ und „Cyber Monday“ will die Gewerkschaft Ver.di den Onlinehändler Amazon bestreiken. Der Konzern zeigte sich gelassen.« Und diesem Artikel kann man entnehmen: »Gestreikt wurde an den sechs großen Amazon-Standorten Bad Hersfeld (Hessen), Leipzig (Sachsen), Rheinberg (NRW), Werne (NRW), Graben (Bayern) und Koblenz (Rheinland-Pfalz). Nach Angaben der Gewerkschaft Verdi hatten sich 2.300 Amazon-Mitarbeiter an den Streiks beteiligt. Außer in Koblenz sollen die Arbeitskämpfe am Samstag fortgesetzt werden.« Zur Einordnung muss man wissen, dass Amazon bundesweit mehr als 12.000 festangestellte Mitarbeiter beschäftigt. Aber das geht doch schon seit Jahren so, wird der eine oder andere einwerfen und die Sache als eine verlorene für die dort Beschäftigten abhaken. 

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Ein Streik unter dem Kreuz? Die einen sagen, das geht gar nicht, die anderen probieren es und viele reiben sich verwundert die Augen

Es ist schon ein Kreuz mit dem Kreuz, wenn der Arbeitgeber das als Etikett auf ein Unternehmen klebt, das ansonsten weitgehend so vor sich hinwerkelt wie ein anderes, das aber als „kommunal“ oder „privat“ geführt wird. Wohlgemerkt, es geht hier nicht um Kirchen oder Klöster, in denen die Brüder und Schwestern der jeweiligen Kirche ihr ganz eigenes Leben gestalten und das auch geschützt vor dem Staat machen sollen, sondern es geht um Wirtschafts- und Versorgungsunternehmen, die ausschließlich von Dritten finanziert werden, beispielsweise Krankenhäuser, die ihr Geld vom Beitrags- und Steuerzahler und von den Patienten bekommen und denen der normale Mensch – seien wir doch ehrlich – nicht ansieht, in welcher Trägerschaft sich denn nun die Klinik genau befindet. Er wird die Eingangshallen einer „katholischen“ Klinik ohne weiteres mit der einer in kommunaler Trägerschaft verwechseln können. Nicht einmal eine ordentliche Dosis Weihrauch macht hier den Unterschied, weil es die nicht gibt.

Aber für die Beschäftigten sieht das ganz anders aus. Ob sie die Klinik als Mitarbeiter irgendeines „normalen“ Unternehmens betreten – oder ob ihr Arbeitgeber ein „kirchlich gebundener“ Träger ist, das hat erhebliche Auswirkungen. Der „normale“ Arbeitnehmer hat einen Arbeitsvertrag mit der Kommune, dem Universitätsklinikum oder einem der privaten Träger von Krankenhäusern und alle damit verbundenen Pflichten, wie auch Rechte. Natürlich muss er den Weisungen seines Arbeitgebers Folge leisten, soweit sich die im rechtlich zulässigen Rahmen bewegen. Aber jeder Arbeitnehmer wird sicher kopfschüttelnd bis empört eine Vorgabe seines Arbeitgebers, von einer Scheidung der eigenen Ehe abzusehen oder den Tatbestand der Homosexualität bitte nicht öffentlich zu bekennen und auszuleben, so behandeln, was es ist – ein völlig übergriffiges Verhalten des Arbeitgebers gegenüber seinem Beschäftigten, denn das geht ihn schlichtweg nichts an, was man in seiner Freizeit und dem Privatleben so treibt. 

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