Die Bundesregierung will die Angehörigen von Pflegebedürftigen entlasten. Eine gute Sache. Wie immer ist es dann aber etwas komplizierter

Endlich kann man mal positive Nachrichten unters Volk bringen. Die Angehörigen von Pflegebedürftigen sollen entlastet werden. Die Bundesregierung hat dazu ein „Angehörigen-Entlastungsgesetz“ auf den parlamentarischen Weg gebracht. Der „Entwurf eines Gesetzes zur Entlastung unterhaltsverpflichteter Angehöriger in der Sozialhilfe und in der Eingliederungshilfe (Angehörigen-Entlastungsgesetz)“ wurde als Bundestags-Drucksache 19/13399 vom 23.09.2019 im Bundestag behandelt und zur weiteren Beratung in den federführenden Ausschuss für Arbeit und Soziales überwiesen (vgl. dazu den Bericht Regierung will An­ge­hörige von Pfle­gebe­dürftigen unterstützen über die erstmalige Behandlung des Gesetzentwurfs im Bundestag vom 27. September 2019).

Das kommt bei vielen erst einmal gut an: »Können die Betroffenen die Kosten nicht selbst stemmen, müssen Angehörige einspringen. Für viele Ältere ist die Vorstellung ein Graus, sie könnten ihren Kindern „zur Last fallen“. Die wiederum müssen oft erhebliche Beiträge aufbringen. Das kann Familien bis an den Rand der finanziellen Belastbarkeit führen … Die Bundesregierung geht dieses Problem jetzt an. Das Angehörigen-Entlastungsgesetz von Sozialminister Hubertus Heil (SPD) soll vielen betroffenen Familien helfen: Künftig müssen die allermeisten Angehörigen nicht mehr zahlen«, so beispielsweise Thomas Hauser in seinem Artikel Eltern ins Heim, Kinder müssen zahlen? Bundesregierung entlastet hunderttausende Angehörige. Mit diesem Gesetz würden „Eltern und Kinder von pflegebedürftigen Angehörigen spürbar entlastet“, wird Minister Heil zitiert. „Sie sind durch die Pflegebedürftigkeit eines Angehörigen ohnehin stark belastet und tragen eine große Verantwortung. Wir nehmen ihnen jetzt die Angst vor unkalkulierbaren finanziellen Forderungen.“ Da kann man doch nun wirklich angesichts der enormen Eigenanteile, die mittlerweile vor allem in der stationären Pflege von den Pflegebedürftigen (und ihren Angehörigen) aufgebracht werden müssen, nur zu dem Ergebnis kommen: Danke!

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Eine erste Runde der Positionierung zum umstrittenen Entwurf eines „Intensivpflege-Stärkungsgesetzes“ aus dem Bundesgesundheitsministerium. Und das Dilemma mit dem Entweder-Oder von Daheim oder Heim

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) feuert derzeit aus mehreren gesetzgeberischen Rohren auf dem unübersichtlichen Feld dessen, was eigentlich mehr als euphemistisch als Gesundheitspolitik bezeichnet wird, geht es hier doch in den meisten Fällen und Konstellationen um Krankheitspolitik. Und eines der vielen Vorhaben, die der Minister mit seinem Haus auf den Weg gebracht hat, ist das bislang als Referentenentwurf vorliegende „Reha- und Intensivpflege-Stärkungsgesetz“ (RISG). Wieder einmal kann man auf den ersten Blick nur gute Absichten erkennen: »Beatmungspatientinnen und -patienten sollen nach dem Krankenhausaufenthalt besser betreut werden. Das ist Ziel eines Referentenentwurfs … Danach sollen die Qualitätsstandards für die Versorgung von Menschen, die z. B. nach einem Unfall oder aufgrund einer Erkrankung künstlich beatmet werden müssen, erhöht werden«, so die frohe Botschaft des Ministeriums unter der Überschrift Intensivpflege-Patienten sollen besser betreut werden. Da kann man ja nun wirklich einfach nur zustimmen und sagen: Danke. Angesichts der immer wieder einmal bekannt gewordenen Fälle von schlechter Versorgung dieser auf wahrhaft existenzielle Hilfe angewiesenen Menschen – und das zu horrenden Preisen – wird es erst einmal große Zustimmung geben, wenn hier die Qualität gesteigert wird. Wenn, ja wenn.

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Das bislang sozialhilferechtlich geöffnete Portemonnaie der Kinder für die Pflegekosten der Eltern als Objekt politischen Handelns: Das „Angehörigen-Entlastungsgesetz“ und seine Einordnung auf der weiterhin unübersichtlichen Baustelle der Pflegefinanzierung

Das die Eltern für ihre Kinder aufzukommen haben, ist bekannt und von immer vorhandenen Ausnahmefällen abgesehen auch als selbstverständlich akzeptiert. Dass die Unterhaltsverpflichtung aber keine Einbahnstraße ist, stößt dann, wenn es ernst wird, nicht selten auf Erstaunen und auch Verärgerung, weil viele damit nicht gerechnet haben. Und dass sich der Staat, genauer: der Träger der Sozialhilfe, von ihm (vor)finanzierte Leistungen bei den Kindern, die nach den amtlichen Definition als leistungsfähig eingestuft werden, wieder zurückholt bzw. das mehr oder weniger intensiv versucht, ist in Zeiten einer steigenden Zahl an Pflegebedürftigen in Kombination mit einem erheblichen Anteil an selbst zu finanzierenden Pflegekosten beispielsweise bei einer Heimunterbringung naturgemäß eine sichere Quelle für eine wachsende Zahl an Fällen, wo die Kinder in die Finanzierungspflicht genommen werden.

Im Netz hat sich über die Jahre eine Vielzahl an mehr oder weniger seriösen Ratgebern etabliert, wo Menschen, die ein entsprechendes Schreiben eines Sozialamtes bekommen, nachlesen können, was möglicherweise auf sie zukommen wird – bis hin zu Elternunterhalts-Rechnern, mit deren Hilfe man berechnen können soll, wie hoch die monatliche Rechnung ausfallen wird.

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