Der Europäische Gerichtshof kann manchmal auch anders: Billigere Arbeitnehmer aus Ungarn in österreichischen Zügen – kein Problem

Dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) wird immer wieder – je nach Standpunkt missbilligend oder dankend – in Rechnung gestellt, dass er sich in vielen früher rein national geregelten Kernbereichen der Sozialpolitik einmischt und Urteile zugunsten der Arbeitnehmer bzw. der betroffenen Personengruppen fällt. Erst vor kurzem wurde hier beispielhaft darüber berichtet: Ein „menschenwürdiger Lebensstandard“ – das Existenzminimum in der europarechtlichen Variante, so ist der Beitrag vom 21. Dezember 2019 überschrieben. »Der Gerichtshof hat … ausgeführt, dass die Mitgliedstaaten verpflichtet sind, einen würdigen Lebensstandard dauerhaft und ohne Unterbrechung sicherzustellen«, kann man der Entscheidung des EuGH entnehmen.

Und auch mit Blick auf die „Entsendearbeitnehmer“ innerhalb der EU hat der Gerichtshof immer wieder ein schützendes Auge auf die betroffenen Arbeitnehmer geworfen. Um ein aktuelles Verfahren vor dem EuGH als Beleg aufzurufen, lohnt ein Blick auf die Schlussanträge des Generalanwalts in der Rechtssache C-610/18. Die Mitteilung des Gerichts ist so überschrieben: „Nach Auffassung von Generalanwalt Pikamäe ist Arbeitgeber von abhängig beschäftigten Lastkraftwagenfahrern im internationalen Straßentransport das Transportunternehmen, das sie auf unbestimmte Zeit eingestellt hat, eine tatsächliche Weisungsbefugnis gegenüber ihnen ausübt und faktisch die Gehaltskosten zu tragen hat.“

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Die Schweizer haben es nicht erfunden, aber schon darüber abgestimmt. Nun soll es in Österreich ein Volksbegehren für die Einführung eines bedingungslosen Grundeinkommens geben

Das ist doch mal eine Ansage: 1.200 Euro für jeden österreichischen Staatsbürger über 18 Jahren an jedem Monatsanfang. Das ist die Kurzfassung der wesentlichen Forderung, die über ein Volksbegehren dem Parlament vorgelegt werden soll. Bis zum 25. November 2019 haben nun die Österreicher eine Woche lang die Möglichkeit, sich online oder in jedem Gemeindeamt für das Volksbegehren einzutragen. Wenn es von mindestens 100.000 Stimmberechtigten unterstützt wird, muss sich das Parlament damit befassen. Allerdings reicht eine bloße Debatte, ein entsprechender Gesetzentwurf muss nicht daraus folgen, berichtet Peter Münch in seinem Artikel mit der etwas missverständlichen Überschrift Österreich stimmt über bedingungsloses Grundeinkommen ab.

Bereits richtig abgestimmt hat das Volk der Schweizer – schon im Jahr 2016. Das Ergebnis wurde damals in diesem Beitrag besprochen: Mit dem Herz dafür, aber mit dem Kopf dagegen? Oder mit dem Verstand dafür, aber ohne Herz? Das „bedingungslose Grundeinkommen“ ist (nicht) krachend gescheitert. Die einen sagen „nur“ 23,1 Prozent haben mit Ja gestimmt, aber eigentlich muss man von „immerhin“ und „erstaunlicherweise“ sprechen. „Mit ihrer revolutionären Idee haben sie fast ein Viertel der Stimmenden hinter sich gebracht“, so wurde damals Claudia Blumer zitiert (Fast jeder vierte Urnengänger stimmte für ein bedingungsloses Grundeinkommen).

Nun also, wenn auch vor einem anderen Verbindlichkeitshintergrund, die Österreicher. Wer hat das auf den Weg gebracht?

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Sanktionen gegen Arbeitslose sind nicht nur in Deutschland ein Thema. Ein Blick nach Frankreich, wo gerade die Sanktionen verschärft werden. Und nach Österreich

Die Sanktionen gegen erwerbsarbeitslose Menschen werden in diesen Tagen in Deutschland vor dem Hintergrund des Urteils des Bundesverfassungsgerichts zu den Leistungskürzungen im Grundsicherungssystem (Hartz IV) mal wieder diskutiert. Wobei es dabei um Sanktionen in der bedürftigkeitsabhängigen Sozialhilfe geht. Es gibt neben dem SGB II aber auch die im SGB III geregelte Arbeitslosenversicherung und auch dort wird sanktioniert, sogar mehr als bei den Hartz-Empfängern (ein Aspekt, der nicht nur in diesen Tagen so gut wie nie erwähnt wird, vgl. dazu ausführlicher den Beitrag Sanktionen in der Arbeitslosenversicherung: Wenn die Folgen angeblich „versicherungswidrigen Verhaltens“ vor dem Bundessozialgericht landen vom 3. Mai 2018 – übrigens mit einer interessanten Parallele zu dem neuen Urteil des BVerfG, denn das Bundessozialgericht – darum geht es in dem Beitrag – hatte der ausgreifenden Sanktionspraxis der Arbeitsagenturen im Versicherungsbereich Grenzen gesetzt).

Aber nicht nur in Deutschland ist das ein Thema. Beispielsweise auch bei unseren Nachbarn in Frankreich. Bereits in dem Beitrag Eine Wahl zwischen Pest und Cholera oder doch eine notwendige „Modernisierung“? Der „halbierte“ Wahlsieg von Emmanuel Macron in Frankreich und die Sozialpolitik vom 7. Mai 2017 konnte man hier lesen: »Explizit wollte Macron auf die arbeitsmarktpolitischen Rezepte von Nicolas Sarkozy zurückgreifen. Dieser hatte Anfang 2008 eine Änderung der Arbeitslosenversicherung durchsetzen können, welche stärkere Aktivierungsmechanismen beinhaltete. Aufgrund des Personalmangels in den Arbeitsämtern konnte diese jedoch nie wirklich im geplanten Umfang umgesetzt werden. Macron schließt nun daran an. «Aktivierungs- und Sanktionselemente» in der Arbeitslosenversicherung sollen verstärkt und ausgebaut werden. Jedem, der zwei Arbeitsangebote ablehnt oder dessen «Intensität der Jobsuche» den Arbeitsämtern nicht ausreichend erscheint, soll die Arbeitslosenunterstützung vollständig gestrichen werden können.«

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