Lkw-Fahrer und arbeitslose Selbständige als Gegenstand der Rechtsprechung des EuGH

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) spielt mit seiner Rechtsprechung eine immer größere Rolle in der Ausgestaltung der – eigentlich – in nationalstaatlicher Souveränität befindlichen Sozialpolitiken innerhalb der überaus heterogenen EU von (noch) 28 Mitgliedsstaaten. Man denke hier an Fragen der Arbeitnehmerrechte, der (Nicht-)Freizügigkeit in die Sozialsysteme der einzelnen Mitgliedsstaaten – für einen ersten Eindruck vgl. auch die Beiträge zum Thema EuGH in diesem Blog.

Nun wird erneut berichtet von sozialpolitisch relevanten Entscheidungen des EuGH. Lkw-Fahrer dürfen Ruhezeit nicht im Fahrzeug verbringen, so ist eine der Meldungen überschrieben. »Lastwagenfahrer müssen regelmäßig eine Pause von mindestens 45 Stunden einlegen. Diese dürfen sie allerdings nicht in ihrem Lkw verbringen. Zu diesem Urteil kam der Europäische Gerichtshof (EuGH) nach jahrelangem Rechtsstreit in Luxemburg.« Der Hintergrund der aktuellen Entscheidung: »Vor mehr als drei Jahren hatte das belgische Transportunternehmen Vaditrans geklagt – denn in Belgien kann eine Geldbuße von 1800 Euro verhängt werden, wenn ein Fahrer die wöchentliche Ruhezeit in seinem Fahrzeug verbringt. Der EuGH sollte über die korrekte Auslegung einer entsprechenden EU-Verordnung entscheiden.« 

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Die bewusst Vergessenen: Die Lkw-Fahrer bleiben bei der Reform des EU-Entsenderechts auf der Strecke

»Was sind das für Menschen, die da am Wochenende in einem Industriegebiet darauf warten, weiterfahren zu können, weit weg von zu Hause? In was für einer Welt leben sie? In einer Welt aus dreckigen Straßengräben und Wellblechindustriehallen, aus überfüllten Rastplätzen und überteuerten Currywürsten, aus verdreckten Toiletten und Kondomen in der Ecke?«
Diese Fragen haben Svenja Beller und Roman Pawlowski in ihrem Artikel Leben am Rand aufgeworfen.

Mehr als siebzig Prozent der Güter werden in Deutschland mit Lastwagen transportiert. Würden sie nicht mehr fahren, würde schnell gar nichts mehr funktionieren. Die Supermärkte wären leer, die Tankstellen auch. Eine Dystopie. Und doch sind Lastwagen für die meisten Menschen nur ein Ärgernis. Zu viele, zu langsam, und wenn dann noch einer zum Elefantenrennen ansetzt, ist es ganz vorbei mit der Geduld der anderen in ihren kleinen Autos. „Wir sind Menschen, keine Tiere“,  so wird ein Lkw-Fahrer im dem Beitrag von Svenja Beller und Roman Pawlowski zitiert. 

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Von wegen Trucker-Mythos. Die Lkw-Fahrer als letztes Glied einer hoch problematischen Verwertungskette

»Sie sind monatelang am Stück unterwegs, schlafen in der Fahrerkabine, kochen an Parkplätzen auf Gaskochern – und verdienen weit weniger als den Mindestlohn, teilweise gerade einmal ein paar Euro am Tag. Die Kennzeichen ihrer Lastwägen verraten: Immer mehr Lkw-Fahrer kommen aus der Slowakei, Polen, Ungarn oder Rumänien. Doch die meiste Zeit sind sie auf deutschen Straßen unterwegs und unterliegen, falls sie das Land nicht nur passieren, deutschem Recht. Wie etwa der Einhaltung des Mindestlohns. Eigentlich. Doch was schert das die Speditionen, für die sie arbeiten? Die deutschen Bußgelder werden von den Auftraggebern in Kauf genommen, ja teilweise sogar schon einkalkuliert. Die Strafen in Deutschland sind niedrig und die Kontrollen auf deutschen Straßen selten. Illegale Zustände also – mitten auf deutschen Autobahnen und Raststätten.« (Quelle: Verstopfte Straßen, leere Gleise, 04.05.2017)

Und bereits im Dezember 2016 berichtete das Wirtschaftsmagazin „Plusminus“ (ARD) in dem Beitrag Fernfahrer: Die neuen Sklaven im LKW:
»Viele Rast- und Parkplätze sind in Deutschland an Wochenenden bis auf den letzten Stellplatz belegt. Vor allem osteuropäische Fahrer verbringen dort ihre gesetzlich vorgeschriebene Wochenruhezeit von 45 Stunden. Aus gutem Grund: In Ländern wie Belgien und Frankreich ist es verboten, die 45-stündige Ruhezeit im Lkw zu verbringen. Die Fahrer müssen dort dafür bis zu 1.800 Euro Strafe zahlen. Bei eisiger Kälte kochen viele unter freiem Himmel. Die Dusche oder eine warme Mahlzeit auf dem Rastplatz können sich viele nicht leisten.« 

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