Von der (Nicht-)Wiederbelebung der (ausgesetzten) Wehrpflicht über eine „soziale Pflichtzeit“ hin zu einem kleingeschredderten Drei-Monats-Pflichtdienst-Stöckchen im Sommerloch 2023. Aber real sind handfeste Kürzungen bei den Freiwilligendiensten

Da ist es dann, das Sommerloch des Jahres, in dem bekanntlich allerlei merkwürdige Vorstöße eine reale Chance bekommen, dem nicht den urlaubsbedingten Hitzetod in südeuropäischen Ländern sterbenden daheimgebliebenen Publikum von den zu Hause die Stellung haltenden Journalisten aufgetischt zu werden.

Und in so einer Gemengelage kommen dann schon mal solche Schlagzeilen heraus: SPD will Einführung eines sozialen Pflichtdienstes auf den Weg bringen. Die Überschrift war derart offensichtlich provozierend gewählt, dass die angesprochene SPD am gleichen Tag die Fax-Geräte angeschmissen hat und sofort ein Dementi verbreiten ließ: „Wir planen keinen sozialen Pflichtdienst“. Die Partei stellt klar: »Es gebe keine Pläne. Es handele sich bei Wieses Aussagen lediglich um einen „persönlichen Debattenbeitrag“.« Wiese wer?

Es geht um Dirk Wiese, immerhin SPD-Fraktionsvize im Bundestag. Der taucht in diesem Ausgangsartikel für die aktuelle Sommerloch-Debatte auf: SPD plant neuen Vorstoß für sozialen Pflichtdienst. Da kann man tatsächlich über „die“ SPD lesen: »Mindestens drei Monate und gerne bis zu einem Jahr, so lange soll nach dem Willen der SPD ein künftiger Pflichtdienst im sozialen Bereich dauern. Die Partei von Kanzler Olaf Scholz plant, nach der parlamentarischen Sommerpause die Debatte darüber wieder aufzugreifen. Dies sagte SPD-Fraktionsvize Dirk Wiese.« Was mittlerweile wieder dementiert wurde, also von der SPD.

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Beim Jobcenter raus, bei der Arbeitsagentur rein? Taschenspielertricks im haushaltspolitischen Verschiebebahnhof. Auf Kosten junger Menschen und mit einer absurden Verkomplizierung komplizierter Strukturen

Die älteren Semester werden sich an die vielen und in der jeweiligen Tagespolitik überaus beliebten haushalterischen Verschiebebahnhöfe zwischen Steuer- und Beitragstöpfen in den 1990er Jahren und danach erinnern. Ein munteres, kurzfristig die potemkinschen Zahlenfassaden aufhübschendes Hin- und Herschieben, wer denn die Rechnung zu begleichen hat. Am Ende war das volkswirtschaftlich nicht nur ein Nullsummenspiel (recht Tasche, linke Tasche), sondern je nach Dreistigkeit der finanzpolitischen Hütchenspielerei gab es dann auch substanzielle Schäden bei den „schwächeren“ Mitspielern, was in der Regel die Sozialversicherungen waren und sind, die nicht nur mehrere Wackersteine in die Tasche gesteckt bekommen (haben), sondern im Nachgang auch noch gescholten wurden angesichts ihrer hohen Ausgaben, die „der Beitragszahler“ zu stemmen habe, so dass man dort nun aber angesichts der „Belastungsgrenze“ dringend Einsparungen vornehmen müsse.

In diesen Sommertagen des Jahres 2023 werden wir nun erneut Zeugen der Fortschreibung dieser langen und unseligen Traditionslinie. Wenn es nur ein buchungstechnisches Hin- und Herschieben von Zahlen in Exceltabellen wäre – im vorliegenden Fall aber werden junge, hilfebedürftige Menschen wie Bauernfiguren auf einem Schachbrett mit ganz handfesten Folgen hin- und hergeschoben und gleichzeitig wird es im Ergebnis zu einer grotesken Verkomplizierung von sowieso schon komplizierten Strukturen der konkreten Arbeit mit den jungen Menschen kommen, abgesehen von dem damit einhergehenden Abräumen (angeblicher) sozialstaatlicher Grundprinzipien wie „Leistungen aus einer Hand“ und wie die Slogans aus den Sonntagsreden auch immer heißen.

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„Generation Corona“? Auf alle Fälle ist man immer auch Gefangener seiner Kohorte, vor allem bei den Einstiegen und Übergängen in Ausbildung und Erwerbsarbeit

In den Medien wird seit längerem immer wieder diskutiert, ob man es mit einer „Generation Corona“ zu tun hat (bzw. haben wird). Gerade in diesen Tagen wird von ganz unterschiedlichen Seiten massiv auf angebliche oder tatsächliche Schäden für Kinder und Jugendliche berichtet aufgrund der Exklusion durch die Lockdowns, wobei große Teile der Debatte fokussiert sind auf die institutionelle Seite, also die (Nicht-)Öffnung der Kitas und der Schulen. Dabei erfahren viele junge Menschen erhebliche Beeinträchtigungen auch und gerade im außerschulischen Bereich, man denke hier an den Vereinssport und andere elementare soziale Aktivitäten, die teilweise seit einem Jahr brach liegen müssen.

Und ein Strang der „Generation Corona“-Debatte konzentriert sich auf die Folgen der Pandemie und des Umgangs mit ihr für das Ausbildungssystem, ob nun im dualen, fachschulischen oder im hochschulischen Bereich. Und auf die Frage, ob die davon betroffenen jungen Menschen nicht nur jetzt Schwierigkeiten haben, sondern man über die Krise hinaus mit Schäden an den Biografien rechnen muss. Mit diesem Thema beschäftigt sich die Sendung des Wirtschaftsmagazins „makro“ (3sat) am 2. März 2020, die den Titel trägt: Generation Corona – wie steht es um ihre Zukunft? »Verpasster Lernstoff, fehlende Praktika, weniger Ausbildungsplätze – viele Schüler und Azubis stehen vor großen Herausforderungen. Kurz vor dem Sprung „in den Ernst des Lebens“ wird die Generation Corona in ihrer Zukunftsplanung ausgebremst. „Je länger die Krise andauert, so gravierender sind ihre Auswirkungen auf Bildung, Gesundheit, Ernährung und Wohlbefinden der Kinder. Die Zukunft einer ganzen Generation ist in Gefahr“, warnt UNICEF. Und das ifo-Institut rechnet aus, dass genau auf diese Generation 3,3 Billionen Euro Kosten durch den Schulausfall zurollen könnten. Eine einfache Rechnung: Bildungsausfall gleich Lohnausfall im späteren Berufsleben. Doch wie steht es wirklich um die Chancen der Jugendlichen und jungen Erwachsenen, die jetzt auf den Arbeitsmarkt starten. Schule fertig und dann?«

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