Wenigstens den Spatz in der Hand als die Taube auf dem Plattform-Dach? Die (verwässerte) EU-Richtlinie über Plattform-Arbeit kommt – auch gegen die FDP-Blockade aus Deutschland

»Die EU-Kommission will über digitale Plattformen Beschäftigte sozial absichern und Arbeitsbedingungen verbessern. Der richtige Ansatz lässt für die Praxis noch viele Fragen offen«, so Tatjana Ellerbrock in ihrem Beitrag EU-Kom­mis­sion will Platt­form­ar­beit regu­lieren, der im Januar 2022 veröffentlicht wurde. »Mit ihrem am 9. Dezember 2021 veröffentlichten Richtlinienvorschlag will die EU-Kommission durch das Setzen von europäischen Mindeststandards die Arbeitsbedingungen von Plattformbeschäftigten verbessern. Denn für die Bestimmung des arbeitsrechtlichen Status von Plattformarbeitenden hält das geltende Recht bisher keine klare Antwort bereit. Diskussionsthema ist insbesondere die Frage, ob diese Personen Arbeitnehmende oder Selbstständige sind.«Nach deutschem Recht, konkret § 611a Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), ist Arbeitnehmer, wer weisungsgebundene, fremdbestimmte Arbeit in persönlicher Abhängigkeit erbringt. Nach dieser allgemeinen Definition ist eine Einordnung jedoch nicht immer unproblematisch, da Abgrenzungskriterien fehlen.

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Der deutsche Mindestlohn und ein vergleichender Blick über den nationalen Tellerrand am Anfang des Jahres 2024

Regelmäßig veröffentlicht das Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Institut (WSI) der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung einen Mindestlohnbericht, in dem nicht nur die Entwicklung der allgemeinen Lohnuntergrenze in Deutschland betrachtet wird. Auch die Entwicklung in anderen Ländern wird unter die Lupe genommen. Dabei ist natürlich das, was in anderen Mitgliedsstaaten der Europäischen Union (EU) passiert, von besonderem Interesse.

»Zum Jahreswechsel sind die gesetzlichen Mindestlöhne in der Europäischen Union kräftig gestiegen: Die 22 EU-Staaten mit einem allgemeinen Mindestlohn erhöhten diesen vor dem Hintergrund hoher Inflationsraten im Mittel (Median) um 9,7 Prozent. Besonders stark fielen die nominalen Zuwächse in vielen osteuropäischen Ländern aus, aber auch die Niederlande (+12,9%) und Irland (+12,4%) haben ihren jeweiligen Mindestlohn deutlich angehoben.«

Und was ist in Deutschland passiert? »In Deutschland fiel die Anhebung zum Jahreswechsel mit einem nominalen Plus von nur 3,4 Prozent auf nun 12,41 Euro hingegen deutlich kleiner aus; EU-weit stieg der Mindestlohn nur in Belgien (+2,0%) noch langsamer.« So die Ausführungen der Hans-Böckler-Stiftung unter der Überschrift Mindestlohn: Deutliche Anhebungen in den meisten EU-Ländern – Deutschland mit Mini-Zuwachs weit hinten. Da hat man eine zentrale Botschaft schon im Titel untergebracht – also die von dem nur geringen Zuwachs, den der deutsche gesetzliche Mindestlohn zum 1. Januar 2024 verbuchen konnte.

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Bessere Arbeitsbedingungen in der Plattformökonomie – eine mögliche Regelung auf der europäischen Ebene „von Deutschland“ blockiert?

Die Bundesregierung besteht bekanntlich aus drei Parteien, die sich in einer „Ampel-Koalition“ zusammengeschlossen haben: SPD, Grüne – und FDP. Während sich Sozialdemokraten und Grüne in vielen gerade sozialpolitisch relevanten Fragen durchaus nahe stehen, vertritt die FDP oftmals davon abweichende Positionen und die Liberalen tun sich erkennbar schwer mit so manchem Vorhaben der beiden anderen Partner. Das reicht dann bis hin zu einer versuchten Positionierung der FDP-Politik als Gegengewicht zu den beiden „linken“ Parteien im eigenen Regierungsbündnis, wie das der FDP-Chef, der amtierende Bundesfinanzminister Christian Lindner, auch öffentlich vorträgt.

Eine solche Vorbemerkung erscheint wichtig, um solche viele erst einmal irritierende Meldungen einordnen zu können: »Verhandlungen in der Europäischen Union über bessere Arbeitsbedingungen von Beschäftigten bei Onlineplattformen wie Lieferando, Uber oder Gorillas sind vorerst gescheitert. Offenbar konnte sich die Bundesregierung nicht auf eine gemeinsame Linie einigen. Hätte Berlin dem Vorhaben zugestimmt, hätte es nach Informationen von EU-Diplomaten eine ausreichende Mehrheit dafür gegeben«, kann man diesem Bericht entnehmen: EU-Regeln für Dienste wie Lieferando: Bessere Arbeitsbedingungen blockiert. Und direkt unter der Überschrift werden wir darüber informiert: »Alle EU-Staaten waren bereit – nur die Bundesregierung wegen des FDP-Widerstands nicht: Die Verhandlungen über bessere Arbeitsbedingungen für Beschäftigte von Onlineplattformen sind gescheitert – zumindest vorerst.« Was ist da los?

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