„Gesundheits-Apps“ auf Kosten des Beitragszahlers? Jens Spahn tut was für die „Appologeten“. Bezahlen sollen andere

Keine Frage – der Bundesgesundheitsminister Jens Spahn holt quantitativ gesehen mächtig was raus aus der Gesetzgebungsmaschinerie. Und bleibt mit seinen zahlreichen Aktivitäten und Vorstößen immer irgendwie im Gespräch. Zudem hat er ein feines Gespür für publikumswirksame, dabei zielgruppenotimierte Aktivitäten, die zugleich den Vorteil haben, dass die ihm nichts kosten bzw. die Rechnung von Dritten bezahlt werden soll.

Das medienwirksame Vorgehen von Spahn kann man diese Tage erneut studieren: Spahn plant Verbot von „Konversionstherapien“: »In Deutschland gibt es bis heute Geistliche, Psychotherapeuten, Ärzte oder Coaches, die Menschen ihre sexuelle Orientierung ausreden wollen … Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) (will) Versuche, Homosexualität wie eine Krankheit zu „heilen“, verbieten.« Der Minister hat sogar zwei Gutachten erstellen lassen, die – nicht überraschend – im Zusammenspiel mit einer Fachkommission, die Spahn Anfang April einberufen hat, zu dem Ergebnis gekommen sind, dass Strafen für diese sogenannten Konversionstherapien verfassungsrechtlich machbar und medizinisch geboten sind. Aber das soll hier nicht weiter behandelt werden. Sondern ein anderes Spielfeld, das der Herr Minister zielgruppengerecht und imagefördernd zu beackern versucht: „Gesundheits-Apps“. Dass die in der heutigen Zeit – vergleichbar mit den Arzt- und Krankenhausserien im Fernsehen – boomen, wird hier keinen wirklich überraschen.

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Weiterbildung: Vom Textbaustein in Sonntagsreden über die großen Herausforderungen der Digitalisierung und den monetären Niederungen rückläufiger öffentlicher Investitionen

In jedem Förderantrag, in jeder Publikation muss er heutzutage auftauchen – der Catch-all-Begriff „Digitalisierung“. Alles um uns herum wird digitalisiert, bis sich die Balken biegen. Und auf der ganz großen Bühne wird „die“ Digitalisierung als Sargnagel der bisherigen Erwerbsarbeitsgesellschaft instrumentalisiert und den Menschen wird das Bild einer nun aber ganz sicher vor uns liegenden Zeit der Massenarbeitslosigkeit an die Wand projiziert. Bei einigen Apologeten der Digitalisierung als Gefahr und Bedrohung hat man den Eindruck, dass der Terminus nun als vergleichbar angstbesetzter Begriff für die Arbeitnehmer aufgebaut werden soll wie wir das vor einigen Jahren im Kontext der Argumentation, aufgrund des „demografischen Wandels“ sei dieser oder jene kräftige Schnitt in Renten- und andere sozialpolitische Systeme gleichsam wie ein Naturgesetz unvermeidbar, schon mal mit so einem anderen Metabegriff erlebt haben. Und andere nutzen das Bedrohungsszenario, um auf die Unvermeidlichkeit der Einführung eines „bedingungslosen Grundeinkommens“ hinzuweisen. Vgl. zu diesen Debattenstängen beispielsweise schon den Beitrag Geht uns die Arbeit (doch noch) aus? Zur „Digitalisierung“, der Debatte über „digitale Arbeitslosigkeit“ und den möglichen sozialpolitischen Herausforderungen vom 4. Januar 2015 sowie Die Roboter und andere Vehikel der Automatisierung, die Ängste um die Erwerbsarbeit und die relevante Frage der Ungleichheit vom 19. Februar 2018.

Nun gibt es dankenswerterweise auch viele, die sich zwischen den Extremen bewegen und darauf hinweisen, dass die – möglichen – Auswirkungen auf die Erwerbsarbeit wesentlich differenzierter zu betrachten seien. Natürlich werden viele Jobs wegfallen (wie das übrigens auch in der Vergangenheit nun wirklich immer schon so war), zum anderen werden auch neue Jobs entstehen, zum einen verbunden mit der Entwicklung und Anwendung der neuen Technologien, zum anderen aber auch in den vielen „digitalisierungssicheren“ Jobs, vor allem den personenbezogenen Dienstleistungen, wo heute schon Millionen Arbeitnehmer unterwegs sind. Von zusätzlichen makroökonomischen Aspekten, die eng mit Verteilungsfragen verbunden sind, ganz zu schweigen.

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Von der Pflege, den Robotern, unrealistischen Hoffnungen angesichts des Mangels und unausweichlichen Aufgaben der Gestaltung

Umfragen sind eine schwierige Angelegenheit. Nicht nur, weil die Ergebnisse teilweise ganz erheblich variieren, je nachdem, wie man fragt. Sie haben auch den „Vorteil“ für die Befragten, dass es sie nichts kostet. Sie können für oder gegen etwas sein, ohne dass das unmittelbare Konsequenzen hat. Man unterschreibt keinen lebenslänglichen Ehevertrag, man muss keine Rechnung bezahlen. Man kann seinen Impulsen folgen und darf auch antworten, wenn man gar nicht betroffen ist. Man muss noch nicht einmal verstanden haben, um was es da eigentlich geht in der Umfrage.

Zum anderen kann man mit Umfrageergebnissen auf der Seite der Auftraggeber auch Verhalten beeinflussen. Das lässt sich nicht nur, aber aktuell höchst beeindruckend beobachten im Bereich der Demoskopie, also den Wahlumfragen, deren Veröffentlichungen die eine oder andere Partei durchaus noch stärker nach unten (oder oben) ziehen kann, wahrscheinlich auch, weil die Befragten auf der „Gewinner“- und weniger gern auf der „Verlierer“-Seite stehen möchten.

Bleiben wir in der hier interessierenden Pflege. In einer allgemeinen Umfrage, ob und was man gegen den Pflegenotstand unternehmen sollte, werden sicher viele Befragte für eine bessere Bezahlung der Pflegekräfte und für mehr Personal votieren. Aber wie gesagt – es kommt immer darauf an, wie und wonach gefragt wird. Wenn es dann beispielsweise um die Zeche geht, fallen die Ergebnisse oftmals anders aus. Dazu ein Beispiel: Umfrage: Nur Minderheit unterstützt höhere Pflegebeiträge: »Nur eine Minderheit der Deutschen ist einer Umfrage zufolge zu höheren Beiträgen für die Pflegeversicherung bereit. Lediglich 34 Prozent der Bundesbürger im erwerbsfähigen Alter unterstützen eine Anhebung der Pflegebeiträge … Dagegen wollen 46 Prozent nicht mehr von ihrem Lohn für den erhöhten Pflegeaufwand des Staates abgeben.«

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