Rückblick auf die Unternehmensberaterisierung von an sich hoheitlichen Aufgaben: McKinsey ist gekommen und wurde bezahlt

Immer wieder mal ist die in den vergangenen Jahren um sich greifende Durchdringung der öffentlichen Verwaltung seitens der Unternehmensberater Thema in den Medien. Um nur zwei Beispiele aus diesen Tagen aufzurufen: Eine Meisterin der Beauftragung von Beratungskonzernen, die bisherige Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU), die nun als Kommissionspräsidentin an die Spitze der EU nach Brüssel wechseln wird, macht mit solchen Schlagzeilen auf sich aufmerksam: »200.000 Euro für sieben Monate Arbeit – pro Person«, kann man dieser Meldung entnehmen: So teuer war von der Leyens Berater-Armee. »Allein zehn externe Berater, die für das IT-Projekt CITquadrat arbeiteten, bekamen im Zeitraum von Februar bis August 2018 insgesamt über zwei Millionen Euro. Abgerechnet wurden 1101 Personentage von jeweils acht Stunden. Ein Berater soll für 113 abgerechnete Arbeitstage sogar eine Summe von 228.599 Euro erhalten haben. An dem Programm waren den Angaben zufolge insgesamt 74 externe Berater beteiligt … Die Stundensätze erreichen dabei 223 bis 252 Euro.«

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Der Staat geht fast jeden Meter nur noch an teuren Krücken. Und der Bundesgesundheitsminister will das Gesundheitswesen tiefer in der Berater-Republik versenken

»Lange wurde der Staat kaputtgespart. Heute ist er bei Großprojekten überfordert, ohne Unternehmensberater geht fast nichts mehr. McKinsey, Roland Berger & Co. bestimmen das Leben im Land mit, von der Straßenmaut bis zur Asylpolitik. Und verdienen damit Milliarden.« So beginnt eine Ende Januar 2019 veröffentlichte Titelgeschichte des SPIEGEL unter der bezeichnenden Überschrift „Die Berater-Republik“.

Im Innenministerium planen sie, wie Deutschland online geht, im Verkehrsministerium, wie Straßenmaut kassiert wird, im Bundesamt für Migration, wie Asylbewerber verwaltet werden. Insgesamt gibt der Staat inzwischen jährlich rund drei Milliarden Euro für Unternehmensberater aus, schätzt Dietmar Fink, Professor für Unternehmensberatung und -entwicklung an der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg. Allein in den vergangenen sieben bis acht Jahren habe sich das Gesamtvolumen ungefähr verdoppelt, so der SPIEGEL. In den vergangenen Monaten wurden immer neue Affären um Beratereinsätze im Regierungsdienst bekannt, allen voran im Bundesverteidigungsministerium. Ursula von der Leyen hatte schon auf ihren früheren Kabinettsposten, also Familie und Arbeit, einen deutlich ausgeprägten Hang, Beratertruppen an die ministerielle Front zu werfen. In der Bundeswehr aber hat sie erst dermaßen über(ge)trieben, dass es nun sogar einen Untersuchungsausschuss im Bundestag gibt, der Licht in diese Schattenwelt bringen soll. Der Bundesrechnungshof stellte in mehreren Berichten fest, dass das Wehrressort von Ursula von der Leyen (CDU) millionenschwere Aufträge an Berater rechtswidrig vergeben hatte. Hier geht es um Vetternwirtschaft und Geldverschwendung, was am Ende der Ministerin das Ende bereiten kann. Aber darüber hinaus geht es um ein viel größeres und weitaus bedrohlicheres Problem, das in der SPIEGEL-Titelgeschichte so beschrieben wird: »Die Berater setzen nicht nur Projekte um, sondern machen Politik, beeinflussen, wie wir leben, ohne demokratische Kontrolle. Und der Staat läuft in die Falle: Er lagert Kompetenz um Kompetenz aus, wird abhängig vom Wissen an- derer und lernt am Ende selbst nichts mehr dazu. Er lernt nur Unfähigkeit.«

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(Un)Abhängigkeit der Beratung von Patienten. Ein Lehrstück in vielerlei Hinsicht

Das Gesundheitswesen ist bekanntlich ein Dschungel und viele Patienten sind mehr als verunsichert, an wen sie sich wenden und wohin sie gehen sollen. Die einen greifen – wie bei vielen Erfahrungs- und Vertrauensgütern üblich – zurück auf das, was ihnen von Freunden und Bekannten empfohlen wird oder sie hören auf den Ruf, ob der nun stimmt oder nicht. Andere betreiben aufwendige Recherchen im Netz und versuchen, sich zur Erkenntnis durchzugoogeln. In so einer Gemengelage macht unabhängige Beratung Sinn und kann, wenn sie denn zur Verfügung steht und in Anspruch genommen wird, nicht nur dem Einzelnen helfen, sondern auch eine gesamtgesellschaftlich positive Funktionalität haben.

Nun ist gerade die Unabhängigkeit einer Beratung von Patienten im „Haifischbecken“ Gesundheitswesen, in dem es um milliardenschwere Umsätze geht, eine zentrale Anforderung, die man erst einmal erfüllen muss – denn es gibt ja bereits eine unübersehbare Vielfalt an Beratungsangeboten, nur dass viele davon den Interessen ihrer Auftraggeber und/oder Finanziers folgen und das in die Beratung einfließen lassen. Teilweise läuft die Inbesitznahme eigentlich nur dem Patienten verpflichteter Beratungsangebote im Hintergrund und subtil, man denke hier an die eine oder andere Selbsthilfegruppe, deren Finanzierung über natürlich völlig uneigennützig agierende Pharma-Unternehmen läuft.

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