Von einer erfolgreichen Etappe im Straßenkampf um einen Betriebsrat und einer vielgestaltigen Landschaft betrieblicher Mitbestimmungsverhinderer

»Nach monatelangem Ringen ist es vollzogen: Die Lieferboten haben eine eigene Vertretung beim Startup gewählt. Das Unternehmen erschwerte die Wahl bis zuletzt.« Um wenn geht es hier? Natürlich, um das Unternehmen Gorillas: Die Gorillas haben gewählt: Fahrradkuriere haben jetzt einen eigenen Betriebsrat, so ist der Artikel von Dominik Bardow überschrieben.

Es geht um Gorillas, ein 2020 gegründetes Unternehmen mit Sitz in Berlin, das einen Lieferdienst für Lebensmittel und andere Supermarktwaren in Großstädten betreibt. Dazu gehören eine Online-Bestellplattform, kleine Auslieferungslager in zentralen Lagen und Fahrradkuriere. Die sollen in Berlin sicherstellen, dass der bestellte Einkauf in zehn Minuten an der Haustür des Kunden ist. Und es geht um die Fahrradkuriere, die „Rider“, sowie die „Picker“ in den Lagern, denn die haben in den vergangenen Monaten auf sich aufmerksam gemacht mit „wilden Streikaktionen“ sowie der Absicht, einen Betriebsrat zu gründen (dazu ausführlicher die Beiträge  Wenn dein starkes Rad es will, stehen viele Rider still. Die Wiederauferstehung „wilder Streiks“ und dann auch noch beim Lebensmittel-Lieferdienst „Gorillas“? vom 12. Juni 2021 sowie zuletzt Neues aus der Lieferbotengesellschaft: Die Gorillas Worker wollen einen Betriebsrat und bekommen Hilfestellung vom Arbeitsgericht. Und in eine Branche mit Fragezeichen fließen weiter Milliarden-Wettbeträge von Investoren vom 17. November 2021).

Nun aber kann trotz der zuletzt heftigen Gegenwehr des Unternehmens Erfolg gemeldet werden: »Es ist geschafft, wenn auch nach vielen Hindernissen: Die Gorillas haben einen eigenen Betriebsrat. Nach monatelangem Kampf der Fahrradkuriere um eine eigene Arbeitnehmervertretung bei dem Lieferdienst-Startup in Berlin schloss am Sonnabend um 15 Uhr das Wahllokal in Friedrichshain nach sechs Tagen Abstimmung. Nach der Auszählung sind dann insgesamt 19 Betriebsräte gewählt.«

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Das Kapital auf seinem Weg in die Altenpflege abschrecken. Mit einer Bauverordnung? Bremen will das versuchen

Immer wieder erscheinen auch hier Berichte über Private-Equity-Investoren, Hedge Fonds und internationale Pflegekonzerne, die gewaltige Summen in deutsche Pflegeheime und Pflegeimmobilien investieren auf der Suche nach einer verlässlichen Renditequelle für das reichlich vorhandene, anlagesuchende Kapital, mit dem dort hantiert werden kann. Dazu als eine Beispiel der Beitrag Das Kapital sucht sich seinen Weg in lukrative Anlagen: Private-Equity-Investoren und die Altenpflege mal wieder vom 15. Oktober 2021, in dem über eine neue Studie berichtet wurde. Und diese Studie zeichnet sich auf dadurch aus, dass nicht nur eine Bestandsaufnahme der Investitionen in die Altenpflege und wie dort Gewinne abgeschöpft werden, vorgelegt wurde, sondern auch Empfehlungen ausgesprochen werden, wie man mit dieser Entwicklung umgehen kann, wenn man denn will. Die Kritik an der seit Jahren beklagten Entwicklung ist berechtigt und nachvollziehbar, vor allem angesichts der Tatsache, dass wir hier nicht über die Produktion von irgendwas reden, sondern über eine existenzielle Sorgearbeit für Menschen, die überaus verletzlich und ausgeliefert sind. Natürlich kann man sich auf den Standpunkt stellen, dass mit der Betreuung und Pflege alter Menschen keine „Gewinne“ gemacht werden dürfen – wobei das nur auf den ersten Blick eine richtige und nachvollziehbare Forderung ist, denn auch die nicht profitorientierten Anbieter von Pflegeleistungen müssen sehr wohl einen angemessenen Gewinn bzw. Überschuss erwirtschaften können, es kommt dann auf zwei Parameter an: auf die Gewinnverwendung und auf die „angemessene“ Gewinnhöhe. Da beginnt dann die unangenehme, aber notwendige Kärrnerarbeit.

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Ein klassisches Tauschgeschäft: Der eine bekommt einen höheren Mindestlohn, der andere eine Verfestigung und Ausweitung der Minijobs. Trotz vieler Gegenargumente

Habemus Koalitionsvertrag. Das wird überall und voller Erwartung gemeldet und heute Nachmittag um 15 Uhr sollen wir dann erfahren, auf was sich die Ampel-Koalition für die kommenden vier Jahre verständigt hat.

Dabei sind schon einige sozialpolitisch relevante und wesentliche Vorfestlegungen im Sondierungspapier vom 15.10.2021 vor der förmlichen Aufnahme von Koalitionsverhandlungen verankert worden (vgl. dazu den Beitrag Sozialpolitische Vorhaben in dem Sondierungspapier einer möglichen Ampel-Koalition. Eine erste kritische Einordnung der Absichtserklärungen vom 17. Oktober 2021). An denen – deshalb auch Vorfestlegungen – wird man in dem mit Spannung erwarteten Koalitionsvertrag nicht vorbei kommen können – gleichsam rote Linien, die nicht (mehr) überschritten werden können/sollen.

Im Sondierungspapier findet man eine Verneigung vor einer der Wahlkampfforderungen der SPD (und der Grünen): die Anhebung des gesetzlichen Mindestlohns auf 12 Euro pro Stunde. Auf alle Fälle wird die klare „Vorfestlegung“ auf eine einmalige Anhebung des gesetzlichen Mindestlohns auf die genannte Höhe Folgewirkungen entfalten. Enorme Auswirkungen wird dieser Schritt auf die geringfügigen Beschäftigungsverhältnisse haben, also auf die Minijobs. Das hat man bei den „450-Euro-Jobs“ – der Betrag markiert die (bisherige) maximale und in den vergangenen Jahren nicht-dynamisierte Verdienstgrenze in einem geringfügigen Beschäftigungsverhältnis – bereits in der Vergangenheit nach der Installierung eines gesetzlichen Mindestlohns und den bisher erfolgten Anhebungen der Lohnuntergrenze sehen können: Denn wenn die maximale Einkommensgrenze stabil gehalten, gleichzeitig aber der Mindestlohn angehoben wird (der auch für die geringfügig Beschäftigten als Stundenlohn gilt), dann können die Minijobber schlichtweg nur ihre Arbeitszeit reduzieren, sie stehen dem Arbeitgeber also weniger Stunden zur Verfügung. Diese Beschäftigungsform wird also teurer für die Arbeitgeber und ihr Flexibilitätspotenzial verringert sich entsprechend.

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