Wenn das „frühere Selbst“ das „gegenwärtige Selbst“ beendet: Die höchstrichterliche Bestätigung der aktiven Sterbehilfe von demenzkranken Menschen in den Niederlanden auch in Zweifelsfällen

»Im Jahr 2015 starben … in den Niederlanden 109 Demenzpatienten durch Sterbehilfe. 2016 stieg die Zahl auf 141. Doch darf man einen Demenzkranken im fortgeschrittenen Stadium töten, nur weil er vor Jahren eine Verfügung erstellt hat?«, so die Frage von Merle Schmalenbach in ihrem Artikel Die Lebensmüden. »Längst ist die aktive Sterbehilfe dort nicht nur Menschen vorbehalten, die terminal krank sind. Auch jedes nicht tödliche Leiden kann sofort beendet werden. Es muss nur als unerträglich diagnostiziert werden. Demenzkranke lassen sich töten, Depressive, Menschen mit Borderline-Störung, Behinderte.« Das könne man den Berichten der Regionalen Kommissionen zur Sterbehilfe-Kontrolle entnehmen.

Und dann dieser Sachverhalt, über den in diesem Artikel berichtet wurde: „Sterbehilfe“-Prozess startet in Holland: »Am 22. April 2016 hat die beklagte Ärztin eine damals 74-jährige demenzkranke Frau mutmaßlich auf ihren Willen hin getötet … Beim vorliegenden Fall soll die Ärztin indes gegen ihre Sorgfaltspflichten verstoßen haben. Zunächst hatte die Patientin in einer schriftlichen Erklärung festgehalten, dass sie Sterbehilfe wünsche, wenn sie aufgrund ihrer fortschreitenden Demenz in ein Pflegeheim eingewiesen werden müsse. Nach der Aufnahme im Heim gab die Patienten indes „gemischte Signale über ihren Todeswunsch“ ab. Dennoch wurde sie von der Ärztin getötet, nach Darstellung des Gerichts erfolgte dies im Einvernehmen mit der Familie der alten Dame.«

Über diesen Fall wurde hier bereits in dem Beitrag Aus den Zwischenwelten der Euthanasie: Tötung auf Verlangen – oder doch nicht? Ein Fall aus den Niederlanden und fundamentale Fragen darüber hinaus vom 21. September 2019 berichtet.

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Neuigkeiten aus dem Land der Kurzarbeit: Über einen „hart errungenen Kompromiss der Koalition“ – und mindestens ein großes Fragezeichen

„Angesichts des massiven Widerstands der Union und der Arbeitgeber sind die Ergebnisse zur Anhebung des Kurzarbeitergeldes (KUG) ein Erfolg, für den sich die Gewerkschaften in den letzten Wochen stark gemacht haben“. Mit diesen Worten lässt sich der DGB-Vorsitzende Reiner Hoffmann in einer kurz gehaltenen Pressemitteilung seiner Organisation zitieren, die unter diese bezeichnende Überschrift gestellt wurde: DGB begrüßt den hart errungenen Kompromiss der Koalition zur Kurzarbeit. Und ebenso bezeichnend ist der letzte Satz, der uns mit auf den rechten Weg gegeben wird: „Respekt gebührt auch der SPD, die diesen Kompromiss ermöglicht hat“, so der DGB-Chef.

Das hört sich doch mit Blick auf die vielen derzeit von Kurzarbeit betroffenen Menschen mehr als erfreulich an. Aber bevor man nun im Überschwang der warmen Worte aus der Gewerkschaftszentrale eine Flasche Sekt köpft, schauen wir doch erst einmal genauer hin, was die Bundesregierung in diesen überaus turbulenten Tagen tatsächlich beschlossen hat.

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Es hat sich ausgeklatscht und die versprochene Prämie für Pflegekräfte in der Altenpflege will keiner zahlen

Es waren durchaus beeindruckende Bekundungen der Anerkennung und des Danks für diejenigen, die in vorderster Reihe beim Kampf gegen die Folgen der Corona-Pandemie ihre Frau bzw. ihren Mann stehen, die in den Kliniken, den Pflegeheimen und den ambulanten Pflegediensten durchhalten und die Versorgung hilfsbedürftiger Menschen sicherstellen. Da wurde nach italienischem Vorbild auf den Balkonen geklatscht und über weitere in vielen Fällen sicher auch zutiefst ehrlich gemeinte Bekundungen des Danke-Sagens wurde berichtet. Nun ist das, wie man überall feststellen kann und muss, mittlerweile abgeklungen, die Diskussionen drehen sich um die eingeleiteten Öffnungen des kommerziellen und gesellschaftlichen Lebens und viele Menschen haben den Eindruck, dass doch eigentlich alles schon vorbei ist. Die tatsächlichen Dramen laufen im Hintergrund ab und oftmals in den Einrichtungen, die man auch noch abgeschottet hat gegenüber der Außenwelt. Also in den Pflegeheimen, die zu den Hotspots der im wahrsten Sinne des Wortes tödlichen Seite der Corona-Krise geworden sind. Und das, was dort abläuft, schlägt sich dann nieder in solchen Meldungen: »In Deutschland sind bislang etwa 4.600 Menschen infolge des Corona-Virus gestorben – etwa ein Drittel davon in Pflegeheimen und anderen Betreuungseinrichtungen. Das besagen die Zahlen des Robert Koch-Instituts«, so Christoph Heinzle in seinem Artikel Ein Drittel aller Corona-Toten in Heimen. Es ist ein stilles Sterben in den abgeschlossenen Heimen und auch zahlreiche Mitarbeiter dort haben sich infiziert.

Aber da ist dann ja noch wenigstens das Versprechen einer nicht nur emotionalen oder verbalen Anerkennung (die erst einmal nicht viel kostet), sondern dass die Pflegekräfte in der Altenpflege eine handfeste materielle Würdigung in Form einer Prämie bekommen sollen. So entstand vor einigen Wochen die Idee, die besonderen Leistungen der Altenpflege mit einer „Corona-Sonderprämie“ von 1.500 Euro für die mehr als eine halbe Million Beschäftigten zu honorieren.

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