Frankreich: Da gab es schon eine einmalige Corona-Prämie für das medizinische Personal und jetzt soll es dauerhaft 183 Euro mehr geben. In Deutschland diskutiert man noch

Man möge einen Moment mal wieder an den März dieses Jahres denken: Die Bilder aus Bergamo, aber auch die viele sicher sehr überraschenden Katastrophenmeldungen aus den völlig überlasteten Krankenhäusern im benachbarten Elsass haben rückblickend sicher einen ganz wichtigen Beitrag geleistet, dass die Menschen in Deutschland das gesellschaftliche Herunterfahren akzeptiert und mitgemacht haben. Frankreich ist hart getroffen worden von der Corona-Pandemie und wie in anderen Ländern auch wurden die vor Corona produzierten Mängel des Gesundheitssystems schmerzhaft erfahrbar. Gerade in Frankreich gab es lange vor der aktuellen Corona-Krise eine intensive Debatte und auch zahlreiche Proteste gegen die Sparmaßnahmen und den Abbau von Kapazitäten beispielsweise in den Krankenhäusern.

»Nach acht Monaten Protest in öffentlichen Krankenhäusern in Frankreich reagiert die Regierung in Paris mit einem Notfallplan.« So beginnt der Artikel Notfallplan für die Notaufnahmen, der am 21. November 2019 veröffentlicht wurde, um nur ein Beispiel von vielen zu zitieren. »Das Pflegepersonal wehrt sich mit seinem Protest gegen zusehends verschlechterte Arbeitsbedingungen vor allem in Notaufnahmen.« Und zu Vergütung kann man dem Beitrag entnehmen: »Den Pflegefachleuten und HilfspflegerInnen in Paris und Umgebung versprach Philippe eine Prämie von jährlich 800 Euro zum Ausgleich ihrer relativ hohen Lebenskosten. Alle anderen sollen sich mit einem individuellen und ihrer Leistung angepassten Bonus von maximal 300 Euro begnügen. Dieser erfüllt aber nur sehr bedingt die Forderungen der Personals, das echte Lohnerhöhungen verlangt.« Schon damals ging es um Prämien, was wiederum den einen oder anderen hier an die mittlerweile zum Trauerspiel mutierte Diskussion über eine einmalige Prämie für bestimmte, nicht alle Pflegekräfte in Deutschland erinnern könnte. Zumindest da ist Frankreich schon weiter.

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Tönnies darf wieder Schweine schlachten und zerlegen lassen. Und wie geht es mit denen weiter, die das „Schweine-System“ am Laufen halten?

Das geht jetzt schneller, als die möglicherweise in Kurzarbeit und Homeoffice befindlichen Nachrichten-Redaktionen dies in Worte zu formen in der Lage sind. »Tönnies darf seit Donnerstag (16.07.2020) wieder schlachten – zunächst geringere Mengen und unter strengen Auflagen mit neuem Hygienekonzept. Ob sich dadurch für die Arbeiter nachhaltig etwas ändert, bleibt fraglich«, so die erste Meldung des WDR: Wiederaufnahme der Schlachtungen: Was ändert sich bei Tönnies? NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann hatte am Morgen angekündigt, dass das Schlachtunternehmen ab sofort strenger von den Behörden kontrolliert werde: „Tönnies wird völlig anders arbeiten als vorher.“ »Die ersten Schweine sind bereits angeliefert worden, nach der Schlachtung folgt in der Produktionskette die Zerteilung der Tiere für die weitere Verarbeitung. Allerdings steht die Genehmigung für den zweiten Produktionsschritt noch aus. Diese hat die Stadtverwaltung von Rheda-Wiedenbrück noch nicht erteilt«, so diese Meldung aus der ersten Runde: Tönnies startet Schlachtbetrieb nach Zwangspause. Und dann einige Stunden später: Tönnies: Alle Produktionsbereiche wieder am Start: »Nach der Wiederaufnahme des Schlachtbetriebes am Donnerstag (16.07.2020) ist für das Tönnieswerk nun auch wieder die Schweine- und Sauenzerlegung frei gegeben. Ab Freitag dürfen die 2.714 Arbeiter das Werksgelände betreten und ihre Arbeit schrittweise wieder aufnehmen. Das teilt die Stadt Rheda-Wiedenbrück am Donnerstagabend mit.«

Seit vier Wochen ist die hocheffiziente Tötungsanlage des Tönnies-Konzerns in Rheda-Wiedenbrück im coronabedingten Lockdown und das jetzt alles so schnell gehen muss mit dem Wiederhochfahren hat erst einmal und wahrscheinlich ausschließlich betriebswirtschaftliche Gründe, die nicht nur beim Schweinebaron Tönnies selbst liegen, sondern die mit solchen Zahlen aus dem an sich durchgetakteten Produktionssystem Fleisch erkennbar werden:

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Die Bedeutung der Gesundheitsämter (nicht nur) in Corona-Zeiten ist unbestritten. Aber bei einem eigenen Tarifvertrag für die Ärzte im öffentlichen Gesundheitsdienst hört der Spaß auf

Der Stellenwert eines funktionierenden öffentlichen Gesundheitsdienstes mit den Gesundheitsämtern vor Ort wird in den vergangenen Monaten nun wirklich jedem, der mit halbwegs wachen Augen durch die Landschaft läuft, deutlich geworden sein. Gerade in der gegenwärtigen Corona-Krise zeigte sich die zentrale Funktion der Gesundheitsämter für die öffentliche Gesundheitsvorsorge. Denn die müssen unter anderem Infektionsketten zurückverfolgen sowie Quarantänemaßnahmen anordnen und umsetzen. Dazu kommen noch weitere bedeutsame Aufgaben.

Und das wird in der Politik durchaus anerkannt. Schaut man beispielsweise in die Vereinbarung der Koalitionsparteien für ein Konjunktur- und Krisenbewältigungspaket vom 3. Juni 2020, die unter der Überschrift Corona-Folgen bekämpfen, Wohlstand sichern, Zukunftsfähigkeit stärken steht, dann findet man dort unter den insgesamt 57 Maßnahmen einen mit immerhin 4 Mrd. Euro ausgestatteten „Pakt für den öffentlichen Gesundheitsdienst“, den der Bund mit den Bundesländern und Kommunen auf den Weg bringen will. Zur Begründung wird ausgeführt: »Die aktuelle Corona-Pandemie zeigt die besondere Bedeutung des Öffentlichen Gesundheitsdienstes (ÖGD) auf einem seiner klassischen Arbeitsfelder, dem Infektionsschutz. Zugleich macht das laufende Ausbruchsgeschehen deutlich, dass eine Verstärkung dieser unverzichtbaren Säule des Gesundheitswesens dringend notwendig ist.« Was genau ist geplant?

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