Eine erste Runde der Positionierung zum umstrittenen Entwurf eines „Intensivpflege-Stärkungsgesetzes“ aus dem Bundesgesundheitsministerium. Und das Dilemma mit dem Entweder-Oder von Daheim oder Heim

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) feuert derzeit aus mehreren gesetzgeberischen Rohren auf dem unübersichtlichen Feld dessen, was eigentlich mehr als euphemistisch als Gesundheitspolitik bezeichnet wird, geht es hier doch in den meisten Fällen und Konstellationen um Krankheitspolitik. Und eines der vielen Vorhaben, die der Minister mit seinem Haus auf den Weg gebracht hat, ist das bislang als Referentenentwurf vorliegende „Reha- und Intensivpflege-Stärkungsgesetz“ (RISG). Wieder einmal kann man auf den ersten Blick nur gute Absichten erkennen: »Beatmungspatientinnen und -patienten sollen nach dem Krankenhausaufenthalt besser betreut werden. Das ist Ziel eines Referentenentwurfs … Danach sollen die Qualitätsstandards für die Versorgung von Menschen, die z. B. nach einem Unfall oder aufgrund einer Erkrankung künstlich beatmet werden müssen, erhöht werden«, so die frohe Botschaft des Ministeriums unter der Überschrift Intensivpflege-Patienten sollen besser betreut werden. Da kann man ja nun wirklich einfach nur zustimmen und sagen: Danke. Angesichts der immer wieder einmal bekannt gewordenen Fälle von schlechter Versorgung dieser auf wahrhaft existenzielle Hilfe angewiesenen Menschen – und das zu horrenden Preisen – wird es erst einmal große Zustimmung geben, wenn hier die Qualität gesteigert wird. Wenn, ja wenn.

Doch statt Zustimmung und Applaus von allen Seiten musste der Bundesgesundheitsminister einen wahren Proteststurm erleben – und das gerade von Betroffenen und den Aktivisten aus der modernen Behindertenbewegung. Dazu bereits ausführlicher der Beitrag RISGantes Vorhaben: Beatmungspatienten zukünftig (fast) immer ins Heim oder in eine Intensivpflege-WG? Von vermeintlich guten Absichten, monetären Hintergedanken und einem selbstbestimmten Leben vom 14. August 2019 sowie nachfolgend der Beitrag Das mehr als umstrittene „Intensivpflege-Stärkungsgesetz“: Zwischen existenzieller Bedrohung, den unterschiedlichen Betroffenen und einer Selbstverpflichtung etablierter Institutionen auf Landesebene vom 27. August 2019. Typisch für die seit Wochen anhaltende Kritik an dem gesetzgeberischen Ansinnen aus dem Bundesgesundheitsministerium sind solche Artikel: Eltern fürchten Spahns Reform. Darin berichtet Göran Gehlen von einem der vielen und alle für sich einzigartigen Fälle aus der Praxis:

»Lena kann nicht allein atmen. Ohne den Schlauch am Hals geht es nicht. Schon der Wechsel eines Pullovers bedeutet für die 19-jährige Todesangst. Ihre Eltern haben daher ein Ritual mit Lena entwickelt. Pflegekräfte zählen laut die Sekunden, während Lena ohne Luft ist. „Das hat dazu beigetragen, dass ein Grundvertrauen entstanden ist“, sagen ihre Eltern Susanne Wolff (47) und Alexander Krengel (64). Lena leidet seit ihrer Geburt an spinaler Muskelatrophie, einem Muskelschwund. Sie kann ihr Zwerchfell nicht steuern, daher nicht atmen, nicht laufen, die Hände nicht bewegen, nicht laut sprechen. Doch Lena kann lachen, sich flüsternd mit ihren Eltern und Oma Doris verständigen. Sie besucht eine Schule, macht Ausflüge ans Meer und im Schlitten. Um das zu ermöglichen, haben Wolff und Krengel nicht nur ihren Bauernhof im nordhessischen Breuna, sondern ihr ganzes Leben umgebaut.«

Und die folgende Größenordnung sollte man sich für den weiteren Gang der Argumentation in diesem Beitrag merken: Lena »wird rund um die Uhr professionell betreut. Fünfeinhalb Pflegekräfte sind dafür nötig.« Und so etwas muss richtig teuer sein für die „Kostenträger“, in diesem Fall für die Krankenkassen.

Die 19-Jährige Lena ist die am längsten beatmete Jugendliche in der nordhessischen Region rund um Kassel. So der Verein „Intensiv Leben“, ein Netzwerk aus ehrenamtlichen Experten wie Sozialarbeitern, Pflegekräften und Ärzten sowie Betroffenen, das Familien wie die von Lena unterstützt.

»Der Verein sieht den Entwurf des geplanten „Reha- und Intensivpflege-Stärkungsgesetzes“ (RISG) mit Sorge. Vom Grundsatz her begrüße man eine Neuregelung, sagt Vorsitzender Markus Behrendt. Das bisherige System habe Fehlanreize. So war zum Beispiel im Mai dieses Jahres ein groß angelegter Abrechnungsbetrug mit Intensivbeatmeten aufgedeckt worden. Doch nun entstehe ein „Gesetz, das heikel ist“.«

Was genau ist hier „heikel“? Dazu ein Blick in den Referentenentwurf aus dem Bundesgesundheitsministerium – dort findet man auf der Seite 2 die zentrale Stoßrichtung des geplanten Gesetzes und zugleich die Quelle für den Protest, der sich seit dem Bekanntwerden des Entwurfs im Land ausbreitet:

»Die Leistungen der außerklinischen Intensivpflege werden künftig regelhaft in vollstationären Pflegeeinrichtungen, die Leistungen nach § 43 des Elften Buch Sozialgesetzbuch erbringen, oder in speziellen Intensivpflege-Wohneinheiten, die strengen Qualitätsanforderungen unterliegen, erbracht. Die Eigenanteile, die die Versicherten bei der Inanspruchnahme von Leistungen der außerklinischen Intensivpflege in diesen vollstationären Pflegeeinrichtungen zu leisten haben, werden erheblich reduziert. In Ausnahmefällen kann die außerklinische Intensivpflege auch im Haushalt des Versicherten oder sonst an einem geeigneten Ort erbracht werden.«

Der Regelfall soll also ein Pflegeheim oder eine Intensivpflege-WG werden – und das, was sich in den vergangenen Jahren bei vielen als Wunschmodell herausgebildet hat, also die intensivpflegerische Betreuung im Privathaushalt – zu Hause – soll es nur noch in Ausnahmefällen geben (dürfen) – die unter dem Vorbehalt einer Genehmigung seitens des Kostenträgers, also der Krankenkassen, stehen sollen. Das wäre nichts anderes als ein Systemwechsel.

Und ein solcher könnte bei einer ersten Betrachtung des Themas und in den Worten des Ministers, der sich hier erneut als „Macher“ in Szene setzen will, mehr als notwendig erscheinen: Spahn warnt vor finanziellem Missbrauch bei künstlicher Beatmung, so ist einer der vielen Artikel überschrieben, ergänzt um diesen deutlichen Hinweis: »Muss ein Patient zu Hause beatmet werden, bekommen Pflegedienste etwa 20.000 Euro im Monat. Gesundheitsminister Spahn will die Geschäfte auf Kosten von Kranken unterbinden.« Wenn man nur das liest, dann muss man zu dem Ergebnis kommen: Endlich packt das mal einer an. Die Beseitigung des Missbrauchs soll vor allem durch zwei Kanäle erreicht werden: Durch die Verlagerung der Regelversorgung weg aus den eigenen vier Wänden in Pflegeheime sowie in spezialisierte „Wohneinheiten“ (also die berühmten Pflege-WGs) und zum anderen sollen die Pflege-WGs mit klaren Vorgaben beispielsweise hinsichtlich des Personals (Menge und Qualifikation) konfrontiert werden, mit denen man verhindern will, dass in Zukunft zu wenig oder unqualifiziertes Personal eingesetzt wird.

Nun ist es gerade für die Insider des „Haifischbeckens Gesundheitswesen“ naheliegend, weniger eine rein sach- und verbesserungsorientierte Herangehensweise zu unterstellen, sondern eine primär monetäre Anreizstruktur zu vermuten. Hinweise dafür finden sich im Referentenentwurf selbst:

»Durch Verbesserungen der Qualität im Bereich der außerklinischen Intensivpflege verbunden mit einer regelhaften Leistungserbringung in vollstationären Pflegeeinrichtungen oder in speziellen Intensivpflege-Wohneinheiten können der gesetzlichen Krankenversicherung bei voller Jahreswirkung Einsparungen in einem mittleren dreistelligen Millionenbetrag entstehen.« (S. 3)

Richtig spannend wird es in der Begründung (hier S. 16) – und die sollte man genau lesen: »Erhebliche Unterschiede in der Vergütung von Leistungen der außerklinischen Intensivpflege im ambulanten Bereich einerseits und im stationären Bereich andererseits führen überdies zu Fehlanreizen in der Leistungserbringung. Die ambulante Versorgung, insbesondere in der eigenen Häuslichkeit der Pflegebedürftigen, erfordert wesentlich größere personelle und finanzielle Ressourcen als die Versorgung in vollstationären Einrichtungen.« Das ist sicher ein Schlüsselsatz: Die Pflege zu Hause »erfordert wesentlich größere personelle und finanzielle Ressourcen als die Versorgung in vollstationären Einrichtungen«, was aber doch auch bedeutet, dass man mit weniger Personal als in den eigenen vier Wänden die Versorgung in den Heimen abwickeln kann.

Nun gab es am 11. September 2019 im Bundesgesundheitsministerium eine Anhörung zu dem Referentenentwurf, bei er zahlreiche Verbände und Organisationen vertreten waren. Und in deren Stellungnahmen müsste man doch die vorgetragene These stützende oder verwerfende Hinweise finden.

Gerade die Pflegeheime und deren verbandliche Vertreter müssten doch eigentlich dem Vorstoß aus dem Hause Spahn äußerst wohlgesonnen sein, denn zum einen werden die stationären Pflegeeinrichtungen als Ort des zukünftigen Regelfalls definiert und zugleich wird die zweite Option einer Regelversorgung, die berühmten „Intensiv-WGs“, die bislang deutlich geringere (bis teilweise gar keine substanziellen) Voraussetzungen für den Betrieb erfüllen mussten, dahingehend an die Leine genommen, als das an sie in Zukunft deutlich höhere und nachprüfbare Standards angelegt werden sollen, was das „Wettbewerbsgefälle“ zwischen den Pflegeheimen und den deutlich geringer regulierten Wohngemeinschaften einebnen würde.

Da wäre beispielsweise der Arbeitgeberverband Pflege. Der hat sich mit einer Stellungnahme für die Anhörung am 11.09.2019 zu Wort gemeldet – und der Verband enttäuscht die nahliegenden Vermutungen nicht: »Der Arbeitgeberverband Pflege e.V. (AGVP) begrüßt die im vorliegenden Referentenentwurf aufgenommenen Regelungen, die Versorgung der außerklinischen Intensivpflege in spezialisierten Bereichen der stationären Altenpflege zu stärken.« So steht es gleich am Anfang der Stellungnahme des Verbandes für die Anhörung im BMG. Und dort wird mit Blick auf die derzeit tatsächlich gegebene Ungleichbehandlung argumentiert:

»Die finanzielle Belastung für Pflegebedürftige, deren Angehörige und Sozialhilfeträger ist im stationären Bereich für Intensivpflege aufgrund der oft zu geringen oder fehlenden Kostenübernahme zu hoch, sodass diese sich häufig für die Versorgung in ambulanten Einrichtungen entscheiden. Dort werden die Kosten der Behandlungspflege i.d.R. komplett von den Kassen übernommen. Diese unterschiedliche Regelung der Refinanzierung führte bisher dazu, dass stationäre Pflegeeinrichtungen deutlich weniger von den Pflegekassen für die gleichen, hochkomplexen Pflegeleistungen vergütet bekommen, als es im ambulanten und häuslichen Bereich der Fall ist, obwohl die stationären Pflegeeinrichtungen jedoch eine hohe Strukturqualität vorhalten.«

So »muss der Ausbau der stationären Versorgung und die Weiterbildung des Fachpersonals gefördert und die bedarfsgerechte Vergütung der hochspezialisierten Pflege sichergestellt werden.« Und weiter: »Die außerklinische Intensivversorgung erfordert jedoch auch speziell ausgebildetes und hochqualifiziertes Fachpersonal. Eine höhere Qualifizierung bedingt eine entsprechende Vergütung. Diese darf nicht als unwirtschaftlich von den Kostenträgern abgelehnt werden. Die Regelungen aus dem Pflegepersonal-Stärkungs-Gesetz (PpSG) sollten auch hier gelten: Zusätzliche Pflegestellen für die Leistungserbringung der medizinischen Behandlungspflege in stationären Pflegeeinrichtungen können mit den Krankenkassen vereinbart und entsprechend vergütet werden.«

Wenn das alles auch noch Berücksichtigung findet, dann wäre alles super. So eine Positionierung der Privaten haben viele sicher auch erwartet.

Aber da gibt es noch einen anderen Verband – der Bundesverband privater Anbieter sozialer Dienste (bpa). Auch vom bpa gibt es eine Stellungnahme. Unter der Überschrift „Reha- und Intensivpflege-Stärkungsgesetz: das Ende der Wahlfreiheit der Patienten“ hat sich der Verband durchaus abweichend positioniert. Bernd Meurer, Präsident des bpa, wird mit diesen Aussagen zitiert:

„Der Referentenentwurf schafft ohne Not neue Instrumente zur Patientensteuerung, schränkt dabei massiv die Wahlfreiheit der Versicherten ein, gefährdet in erheblichem Maße die Existenz bestehender Intensivpflegedienste, will insgesamt eigentlich nur Kosten einsparen und ignoriert die Situation schädelhirnverletzter Menschen in der Reha-Phase F.“

Und in der Stellungnahme des bpa wird dann so argumentiert: »Die Auflösung einer seit Jahren bestehenden und insbesondere bewährten Versorgungsstruktur mit dem Hinweis auf Fehlanreize und Missbrauchsmöglichkeiten ohne verifizierbare Belege allein auf Grundlage einzelner Medienberichte kommt einer pauschalen Diskriminierung der Leistungserbringer gleich, die vom bpa entschieden abgelehnt wird.«

Und bei der allgemeinen Einschätzung des derzeit vorliegenden Referentenentwurfs bilanziert der bpa: »Die mit dem Referentenentwurf beabsichtigte Umsteuerung der Patientenströme von der ambulanten Versorgung in der eigenen Häuslichkeit in die vollstationäre Pflege dient mithin nicht in erster Linie der Qualitätsverbesserung der Versorgung. Wahres Ziel dieser Gesetzesinitiative ist vielmehr eine Reduzierung der Ausgaben für die behandlungspflegerische Versorgung.« (Hervorhebung im Original).

Man muss nun wirklich keine größeren gedanklichen Kraftanstrengungen vollziehen, um erkennen zu können, dass diese Einordnung des bpa nicht von der Hand zu weisen ist. Um das hier zu unterstreichen, sei an das bereits erwähnte Beispiel mit der Lena erinnert: Sie »wird rund um die Uhr professionell betreut. Fünfeinhalb Pflegekräfte sind dafür nötig.« Stellen wir uns nun vor, die 19-Jährige wird in ein Pflegeheim verlegt. Glaubt wirklich jemand, der bei Verstand ist, dass die junge Frau eine vergleichbare Betreuungsrelation finden wird in den Heimen? Und dass die Heime, die ja bereits gegenwärtig enorme Probleme haben, überhaupt irgendwelche Pflegekräfte finden zu können, in der Lage sein werden, die notwendige Zahl an entsprechend qualifizierten Pflegefachkräften aufzutun? Offensichtlich hoffen einige der Verantwortlichen, dass sich nach der Umsetzung des geplanten Gesetzesänderungen zahlreiche Pflegekräfte aus dem Bereich der häuslichen Intensivpflege (wieder) verabschieden und zurück in die Heime gehen. Denn das zeigt sich in der Wirklichkeit eben auch – viele Pflegekräfte dort sind gerade vor den Arbeitsbedingungen in den stationären Einrichtungen geflohen.

Auf der anderen Seite muss man aber auch das faktische Dilemma sehen, in dem diejenigen stecken, die nun vehement und verständlicherweise Sturm laufen gegen die geplante Verschärfung der Voraussetzungen, die ambulante Intensivpflege im eigenen Heim und nicht in den heimähnlicher werdenden Pflege-WGs (denn das wird eine weitere unausgesprochene Folge der geplanten Anhebung der Kriterien für deren Betrieb sein, so richtig das für sich auch ist) oder gar im Pflegeheim in Anspruch nehmen zu können. Ein „vorausschauender“ Gesetzgeber hätte vielleicht die ganze Aufregung dadurch vermeiden können, dass er auf eine offene Ausweisung dessen, was die „Regelversorgung“ sein soll (also WG oder Heim) und was zukünftig die dann von den Kassen zu bewilligende „Ausnahme“ sein wird, einfach verzichtet hätte – in der Annahme, dass es immer weniger Pflegekräfte gibt, die für die „teuerste“, weil eben personalintensivste Form der Pflege im Daheim der Betroffenen erforderlich sind. Dass also der faktische Pflegenotstand diese Form der Versorgung zu einem Auslaufmodell werden lässt. Formal belässt man also die „Wahlfreiheit“, die aber faktisch immer schwerer bis häufig gar nicht mehr auch realisierbar wird. Aber – so das Problem für die gesundheitspolitischen Strategen – würde das in der Konsequenz bedeuten, dass man die „sehr hohen Kosten“ bei der Einzelversorgung zu Hause akzeptieren müsste, was natürlich konfligieren würde mit dem Ziel, erhebliche Einsparungen realisieren zu können durch die Verlagerung in den zwischen- und vollstationären Bereich.

Außerklinische Intensivpflege als ein (noch?) florierendes Geschäftsmodell?

Ganz offensichtlich wird bislang mit der außerklinischen Intensivpflege eine Menge Umsatz gemacht. So viel Umsatz, dass die Geschäftsmodelle rund um die Intensivpflege zu Hause oder in den Privathaushalten, florieren. Dazu der Beitrag von Sebastian Meißner unter der Überschrift Große Deals in der außerklinischen Intensivpflege. Das Teilsegment außerklinische Intensivpflege als Nische im Pflegemarkt hat sich auch 2018 über der allgemeinen Dynamik im Pflegebereich entwickelt.

»Während die Gesamtzahl der Standorte ambulanter Pflegedienste im Zeitraum von 2014 bis Ende 2018 um 20 Prozent auf nunmehr 15.000 Standorte gestiegen ist, nahm die Zahl der Intensivpflegedienste im gleichen Zeitraum um über 30 Prozent zu.«

Um welche Größenordnungen geht es hier eigentlich? »Die Zahl ambulanter Intensivpflegedienste liegt derzeit bei rund 1.100 Standorten, von denen 600 bis 650 Unternehmen einen ausschließlichen oder überwiegenden Schwerpunkt auf die außerklinische Versorgung von rund 20.000 Schwerstpflegebedürftigen legen.«

Die außerklinische Versorgung steht weiterhin im Fokus nationaler und internationaler Investoren. Auch hierzu liefert uns Sebastian Meißner Zahlen: »Allein im Jahr 2018 betrug das Transaktionsvolumen im Segment der Intensivpflege durch die Übernahmen großer Unternehmen ca. 800 Millionen Euro. Die Anbieter setzen zunehmend auf die gemeinsame Betreuung mehrerer Patienten in sogenannten Intensiv- oder Beatmungs-WGs oder spezialisierten stationären Konzepten. Die Zahl dieser Wohnformen liegt eigenen Recherchen zufolge aktuell bei ca. 850 Standorten im ambulanten Bereich und ca. 300 weiteren Einrichtungen innerhalb eines stationären Konzepts.«

Und während der allgemeine Markt für ambulante Pflegedienste gekennzeichnet ist durch zahlreiche kleinere Anbieter (die oft lokal bzw. regional verankert und gebunden sind), sieht die Pflegewelt bei den Intensivpatienten anders aus:

»Mehr als 50 Prozent der außerklinisch versorgten Intensivpflegepatienten werden durch einen der 15 größten Anbieter versorgt.«

Mit Blick auf das vergangene Jahr ist ein starker Anstieg der Marktanteile der führenden Anbieter zu beobachten. Zu denen gehören die beiden großen Player in diesem Feld: Zum einen die Deutsche Fachpflege Gruppe, »die mit 18 Tochterunternehmen insgesamt über 1.000 Patienten versorgt. Die Deutsche Fachpflege Gruppe befindet sich im Portfolio eines der größten US-amerikanischen Finanzinvestoren – Advent International – und erwirtschaftet einen Jahresumsatz von ca. 200 Millionen.« Zum anderen die Deutsche Pflegegruppe, die 2018 durch die Münchner Investmentgesellschaft Bregal Unternehmerkapital erworben wurde.

Und so ging und geht bisher die Expansion der außenklinischen Intensivpflegedienste und dabei vor allem der Zwischenwelt zwischen Einzelbetreuung zu Hause und dem klassischen Heimsetting in Form der Pflege-WGs weiter munter voran. Und die meisten Investoren wollen/müssen Renditen erwirtschaften. Und dass die offensichtlich auch fließen, ist bislang sicher auch ein Treiber für die Ausdehnung dieses Teilbereichs des Pflegemarktes (gewesen) – neben der unabweisbaren Nachfrage seitens der Betroffenen und ihrer Angehörigen.