Und weg sind einige von den vielen, angeblich offenen Stellen in der Jobbörse der Bundesagentur für Arbeit. Also möglicherweise

Am 3. Mai 2019 wurde hier der Beitrag Die Jobbörse der Bundesagentur für Arbeit als beitragsfinanzierter Steinbruch für Raubritter des modernen Datenhandels veröffentlicht. Am Anfang konnte man ein Screenshot der Jobbörse der Bundesagentur für Arbeit sehen. Dort wurde dem geneigten Leser mitgeteilt, dass man in der Jobbörse am 3. Mai 2019 insgesamt 1.665.603 offene Stellen finden könne. Das hört sich mehr als beeindruckend an und wird sicher bei vielen Menschen auf der Suche nach Arbeit helfen. Dann aber wurde in dem Beitrag das hier berichtet: Datenhändler schalten auf der Jobbörse der Bundesagentur für Arbeit täglich Tausende Stellenanzeigen, die Daten der Bewerber verkaufen sie weiter. SWR-Reportern gelang es, die Masche nachzuweisen. Konkret am Beispiel des Datenhändlers Johann S., der täglich bis zu 3.000 „Stellenangebote“ über die Jobbörse der BA geschaltet hat. Ihm ging es um die Bewerbungen mit den vielen höchst personenbezogenen Daten der Bewerber, denn die hat er an andere Unternehmen verkauft. Man konnte bei ihm die Daten nicht nur zum Festpreis, sondern sogar per „Flatrate“ erwerben: „Wir generieren jeden Monat zwischen 3.000 und 5.000 Datensätze von Bewerbern, auf die Sie dann zugreifen können“, so wird der Datenhändler aus eine Verkaufsgespräch zitiert.

Und wenige Tage später, am 7. Mai 2019, wurde dann dieser Beitrag nachgereicht: Die Berichterstattung über Datenhändler auf der Jobbörse der Bundesagentur für Arbeit beginnt zu wirken. »Die Bundesagentur für Arbeit hat … einen der großen Anbieter gesperrt. Nach eigenen Angaben habe man die gefälschten Stellenanzeigen gelöscht. Die Arbeitsagentur kündigte außerdem an, rechtliche Maßnahmen gegen den Datenhändler zu prüfen und die Nutzungsbedingungen der Jobbörse zu verschärfen. Zudem werde man in Zukunft Anbieter, die eine hohe Zahl an Jobangeboten einstellen, genauer prüfen, „um bei kriminellen Vorhaben schneller agieren zu können“, so die Agentur.« Das hört sich gut an – vor allem vor dem Hintergrund, dass es zahlreiche Hinweise gegeben hat und gibt, dass es sich eben nicht um einen Einzelfall gehandelt hat, sondern das zahlreiche angebliche Stellenangebote Fake-Angebote sind.

Das muss nach einer Prüfung natürlich entsprechende Folgen auch bei der Zahl der angeblich offenen Stellen haben, die von der Jobbörse gelistet werden. Sollte man denken. Schaut man nun einige Woche später auf die Startseite der Jobbörse, dann wird dort mit 1.643.163 Stellen geworben – das nun sind nur unwesentlich weniger als die 1.665.603, die man am 3. Mai 2019 dort finden konnte. Hat denn die Berichterstattung und die Kritik nichts geändert?

Diese Frage muss man auch stellen vor dem Hintergrund solcher Meldungen, die am 10. Juni 2019 verbreitet werden: Bundesagentur löscht über 100.000 Stellen aus Jobbörse: »Der Datenmissbrauch-Skandal an Jobbörsen nimmt immer größere Ausmaße an: Inzwischen löschte die Behörde nach Recherchen von MDR AKTUELL zwar mehr als 100.000 Stellen. Missbrauch kann die Bundesagentur aber weiter nicht ausschließen.« Eine Sprecherin der BA wird mit diesen Worten zitiert: Insgesamt seien „im Rahmen der aktuellen, intensiven Prüfungen“ rund 41.000 Stellenangebote mit rund 127.000 Stellen deaktiviert worden. Offen blieb aber, in welchem Zeitraum die Stellen deaktiviert wurden.

»Nach dem Datenskandal führt die Bundesagentur nach eigenen Angaben „aktuell umfangreiche technische sowie manuelle Analysen durch, um Unternehmen zu identifizieren“, welche die Jobbörse für den Datenhandel missbrauchen. Bei Vorliegen entsprechender Hinweise würden die Accounts bei der Jobbörse und damit die entsprechenden Stellenangebote deaktiviert.«

Und man sollte weiterlesen, was die verantwortliche BA dazu zu sagen hat: »… die BA weist in dem Zusammenhang zwar daraufhin, dass „die automatisierten und manuellen Prüfungsprozesse auf Optimierungen“ untersucht würden, auch gebe es einen Aktionsplan. Dennoch werde die BA, „nicht zu 100 Prozent verhindern können, dass Menschen mit krimineller Energie die Jobbörse missbrauchen“. Und: Eine vollständige Prüfung, ob die eingestellten Stellenangebote tatsächlich existieren, gebe es nicht.« Das klingt nicht wirklich beruhigend.

Und dann erfahren wir: »Zu Deaktivierung von Accounts komme es nur „in begründeten Verdachtsfällen“. In einem solchen Fall würden die jeweiligen Nutzer dazu aufgefordert, den Verdacht durch entsprechende Nachweise zu entkräften.«

Man kann an dieser Stelle nur weiterhin hoffen, dass die BA nicht wie schon in den vergangenen Jahren, in denen es immer wieder Kritik gegeben hat an der Qualität der tatsächlichen oder fiktiven Stellenangebote, versucht, auf Zeit zu spielen in der Hoffnung, dass da bald schon Gras drüber wachsen wird. Und die BA als Betreiberin der Jobbörse muss sich den datenschutzrechtlichen Anforderungen im gleichem Umfang stellen wie andere Seitenbetreiber auch. Vor allem, weil es sich hier nicht um irgendwelche Pille-Palle-Daten, sondern um höchst sensible personenbezogenen Daten handelt, die von vielen Nutzern arglos weitergegeben werden in der Annahme, dass hinter der Jobbörse ja eine Behörde steht, die da schon aufpassen wird.

Aber vielleicht erübrigt sich das ja demnächst, denn der weltweit größte und professionellste Datenhändler will offensichtlich den „Markt“ für offene Stellen im Netz transparent machen: »Der Online-Riese Google bietet nun auch in Deutschland die gezielte Suche nach Stellenausschreibungen an. Über Suchbegriffe wie „Jobs in meiner Nähe“ listet Google entsprechende Vorschauen«, kann man beispielsweise diesem Artikel entnehmen: Google startet Job-Suche in Deutschland: »Zum Start der neuen Funktion seien Job-Anzeigen hunderter Partner, darunter Verlagshäuser wie die Frankfurter Allgemeine Zeitung und die Südwestdeutsche Medienholding sowie Jobbörsen wie Xing, LinkedIn und Monster verfügbar, kündigte der Internet-Konzern am Mittwoch in Berlin an. Über Suchbegriffe wie „Jobs in meiner Nähe“ oder „Bäcker Stellenanzeigen“ listet Google im oberen Bereich der Ergebnisse entsprechende Vorschauen auf die Stellenausschreibungen der Partner auf. Mit Filtereinstellungen lassen sich die Ergebnisse etwa nach Voll- oder Teilzeitjobs, der Wunschstadt oder der gesuchten Branche sowie der eigenen Fähigkeiten und Ausbildung weiter präzisieren. Für das neue Angebot will Google mit Partnern kooperieren, so dass hunderttausende Stellenanzeigen verfügbar sein sollen. Für das Karrierenetzwerk Xing sei das eine Möglichkeit, das eigene Stellenmarkt-Angebot noch bekannter zu machen, sagte Jens Stief, Geschäftsführer der Abteilung E-Recruiting bei Xing bei der Vorstellung in Berlin. „Wir erwarten uns von der Partnerschaft mit Google, dass noch mehr jobsuchende Menschen zu uns finden.“«

Und bei Google steht Datenschutz ganz oben auf der Agenda …